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Mathe im Kindergarten?

Studie untersucht, was Kitakinder lernen sollten

26.09.2016

Was sollten Jungen und Mädchen in einer Kindertagesstätte oder bei der Tagesmutter lernen? Welche Fähigkeiten sollen besonders gefördert werden? Mit diesen Fragen hat sich Elisabeth Resa beschäftigt. Gemeinsam mit Forschern aus insgesamt neun europäischen Ländern hat die wissenschaftliche Mitarbeiterin am Arbeitsbereich Frühkindliche Bildung und Erziehung der Freien Universität eine sogenannte Stakeholder- Studie durchgeführt, für die sie bei so unterschiedlichen Gruppen wie Eltern, Fachkräften für Frühpädagogik und politischen Entscheidungsträgern nach Antworten suchte.
Die ersten Ergebnisse zeigen, wie wichtig Eltern die Förderung verschiedener Entwicklungsbereiche ist – etwa der Persönlichkeit, der sozialen Kompetenzen oder der Sprache. Offenbar hängt die Bedeutung vom Alter des Kindes ab: „Interessant ist, dass Eltern die spezifische Förderung bei Drei- bis Sechsjährigen wichtiger ist als bei den unter Dreijährigen“, sagt Elisabeth Resa. Das sei besonders auffällig, wenn es um logisches Denken, Sprachvermögen undmathematische Fertigkeiten gehe.
Die Bildungswissenschaftlerin führt das darauf zurück, dass viele Eltern mit der Förderung mathematischer Fähigkeiten das Kennen von Zahlen und das Zählenkönnen sowie eine schulunterrichtsähnliche Vermittlung assoziierten. Dass Mathe auch aus Fähigkeiten wie Ordnen und Sortieren, demKnüpfenräumlicherBeziehungen und Formenerkennen bestehen kann, daran denken sieweniger. Solche akademischen Vorläuferfähigkeiten könnten aber schon bei denKleinsten im Spiel gefördert werden, sagt Elisabeth Resa.
Aus der Studie lässt sich außerdem ablesen, dass Eltern die Förderung der emotionalen Entwicklung und der Persönlichkeitsentwicklung ihrer Kinder wichtiger ist als die Förderung von Denken, Sprache und mathematischem Verständnis. Der Förderung sozial-emotionaler Kompetenzen wird in Kindertageseinrichtungen tatsächlich oft ein höherer Stellenwert beigemessen. Dies könnte Elisabeth Resa zufolge damit zu tun haben, dass es in Deutschland eine sozialpädagogische Tradition in frühkindlichen Bildungseinrichtungen gebe – im Gegensatz zu einer Bildungstradition wie etwa in Frankreich: „Es gibt hier eine sehr starke, bewusste Trennung von Kindertagesbetreuung und Schule.“
In den vergangenen Jahren wurde jedoch verstärkt versucht, der Trennung dieser beidenWelten entgegenzuwirken, beispielsweise durch Kooperationen und gemeinsame Bildungspläne.WeitereAuswertungen der Studie sollen zeigen, inwieweit sich die Erwartungen und Einstellungen der Erzieher von denen der Eltern unterscheiden sowie Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den verschiedenen Ländern aufzeigen.
Die Stakeholder-Studie ist Teil des EU-Projekts „CARE“ (Curriculum Quality Analysis and Impact Review of European Early Childhood Education and Care) zu Struktur und Auswirkungen frühkindlicher institutioneller Bildung und Betreuung in Europa. Ziel ist es, EU-weit ein gemeinsames Rahmenmodell zu entwerfen, um die Bildungsqualität langfristig zu verbessern. Das dreijährige Forschungsprojekt, an dem Institutionen aus elf Ländern unter der Leitung der Universität Utrecht (Niederlande) beteiligt sind, läuft noch bis Dezember 2016.