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Studierende können sich an der Freien Universität zu Mentoren schulen lassen - und profitieren auch persönlich davon

Erfahrungen weitergeben: An der Freien Universität werden Studierende zuMentoren ausgebildet. Diese helfen Erstsemestern beim Studienstart.

Erfahrungen weitergeben: An der Freien Universität werden Studierende zu Mentoren ausgebildet. Diese helfen Erstsemestern beim Studienstart.
Bildquelle: André Vollrath

Als Odysseus in den Trojanischen Krieg ziehen sollte, sorgte er sich um seinen Sohn Telemachos. Wer würde das Kind während seiner Abwesenheit beschützen und erziehen? Wer würde ihm zur Seite stehen und es an Vaters statt beraten? Odysseus bat schließlich seinen Freund Mentor, diese Aufgabe zu übernehmen. Zehn Jahre lang, während der in Homers „Ilias“ beschriebenen Irrfahrten des Odysseus, kümmerte sich Mentor um den ihm anvertrauten Ziehsohn. Unterstützt wurde er dabei von Athene: Der Sage nach schlüpfte die Göttin der Weisheit von Zeit zu Zeit in seine Gestalt, um ihn bei der Führung des Kindes zu unterstützen.

Längst ist der Name des mythologischen Ratgebers zum feststehenden Begriff geworden und unter dem Anglizismus Mentoring zum Konzept. Das Modell „Erfahrener berät Anfänger“ wurde zunächst in der Wirtschaft der angelsächsischen Länder in den 1980er Jahren eingeführt, seitdem hat es sich auch in anderen Bereichen durchgesetzt. Beispielsweise in der Wissenschaft und an Hochschulen.

So stehen an der Freien Universität seit zwei Jahren jeweils zum Semesterstart an allen Fachbereichen fortgeschrittene Studierende Erstsemestern als Mentoren zur Seite. Ein Angebot, das inzwischen mehr als 70 Prozent der Erstsemester, an manchen Fachbereichen nahezu 100 Prozent, als Mentees annehmen. Die Mentoren helfen den Neuankömmlingen dabei, den Übergang von der Schule an die Universität zu meistern und sich besser in der neuen Ausbildungsphase und am neuen Ort zu orientieren: Wie stelle ich meinen Stundenplan zusammen? Wo erfahre ich was an der Universität? Wie teile ich meine Zeit ein? Wie bereite ich eine Seminararbeit vor, wie arbeite ich einen Übungszettel ab? Das sind nur einige der vielen Fragen, die Studienanfänger umtreiben und bei deren Beantwortung die studentischen Mentoren helfen.

Wie aber wird man – auch ohne Athenes göttlichen Beistand – zum Mentor oder zur Mentorin? „Durch die Teilnahme an einem Weiterbildungstraining, das der Career Service für Studierende kostenlos anbietet“, sagt Johanna Rebling- Schauber. Sie koordiniert das Projekt Mentoring-Qualifizierung, das beim Career Service der Freien Universität angesiedelt ist und zu einem der drei Teilprojekte des Gesamtprojekts „SUPPORT“ gehört. Gefördert wird SUPPORT vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Qualitätspakts Lehre bis Ende 2016 mit rund 11 Millionen Euro.

Wer an einem Mentoring- Qualifizierungskurs teilnimmt, kann sich diesen als ABV-Modul (Studienbereich Allgemeine Berufsvorbereitung) im Rahmen des Bachelorstudiums anerkennen lassen; der erfolgreiche Abschluss wird mit fünf Leistungspunkten belohnt. Bewerben können sich Studierende ab dem dritten Fachsemester. Acht zertifizierte Trainer, die neben einem einschlägigen Hochschulstudium eine Trainerausbildung absolviert haben, bilden die Studierenden in jeweils sechstägigen Kursen während der Semesterferien aus.

Derzeit lassen sich 200 Studierende pro Jahr schulen. Die Qualifizierungskurse werden jährlich durch die Arbeitsstelle Lehr- und Studienqualität der Freien Universität evaluiert. Alle Mentorinnen und Mentoren werden während ihrer Tätigkeit durch die Mitarbeiter der Mentoring-Referate ihrer Fachbereiche intensiv betreut und unterstützt. Außerdem finden regelmäßig Gruppen-Coachings statt, in denen die Mentoring-Sitzungen vor- und nachbesprochen werden.

In den Qualifizierungskursen werden Kenntnisse zu Methodik und Didaktik vermittelt. „Durch die Schulung erhalten die Studierenden das Werkzeug dafür, beispielsweise eine Gruppe zu leiten“, sagt Johanna Rebling-Schauber. Die Qualifizierung sei bewusst fachunabhängig, damit während eines Durchgangs gleichzeitig Mentoren für alle Fachbereiche geschult werden können.

Dass so in einem Kurs Studenten der Physik, der Literaturwissenschaft, der Informatik oder der Geschichtswissenschaft nebeneinandersitzen, sei gewollt, sagt Johanna Rebling- Schauber: „Dadurch lernen sie voneinander – etwa, dass Lernen in jedem Fach etwas anderes bedeutet. Während man in der Literaturwissenschaft darunter Lesen und Recherchieren versteht, heißt es für einen Physiker, Übungszettel abzuarbeiten und für einen Historiker, Memotechniken einzuüben und Quellen zu interpretieren.“

Indem man mit anderen Lernmodellen konfrontiert werde, werde man sich seines eigenen Lernverhaltens bewusst – wie man überhaupt durch die Mentoring-Qualifizierung einiges fürs Leben lerne und viel über sich selbst, sagt Nicolas Lehmann. Der Masterstudent der Informatik gehörte vor zwei Jahren zu den Pionieren unter den studentischen Mentoren. In diesem Wintersemester wird er zum fünften Mal eine Mentee- Gruppe betreuen. Dazu zählt etwa, dass er mit seinen Mentees anhand eines Übungszettels praktisch einübt, wie an der Universität gelernt wird. Nämlich anders als in der Schule: „An der Universität geht es darum, das Gelernte lange zu behalten, nicht nur bis zur nächsten Klausur. Wie das funktioniert, kann man üben.“ Ganz grundsätzlich versteht Nicolas Lehmann seine Aufgabe als Mentor auch darin, die Kommunikation zu fördern: Gerade für Mathematik- und Informatikstudenten, die noch zu häufig einsam vor sich hin arbeiteten, sei es wichtig, Kontakte zu knüpfen und Lerngemeinschaften zu bilden, in denen sich die Studierenden über Seminarinhalte austauschen können.

Das entspricht dem Mentoring-Konzept, wie es an der Freien Universität umgesetzt wird: Die frühe Begleitung und engmaschige Betreuung der Studierenden sollen die Lernkultur verändern und einen erfolgreichen Studienstart und -verlauf ermöglichen. An der Mentoring-Qualifizierung teilnehmen kann aber auch, wer (noch) nicht Mentor werden möchte – der persönlichkeitsbildende Effekt des Trainings ist ausdrücklich gewünscht. Wer sich entscheidet, Mentor zu werden, tut so gleich doppelt Gutes: Er berät Studienanfänger und steht ihnen – nach dem Vorbild des antiken Namensgebers Mentor - bei ihren ersten Schritten an der niversität zur Seite. Und er hilft sich selbst. „Das Training hat mir persönlich sehr viel gebracht“, sagt Mentor Nikolaus Lehmann. Er habe zwar früher schon als Tutor gearbeitet, das aber mehr intuitiv gemacht: „Jetzt fühle ich mich viel sicherer, weil ich Techniken erlernt habe, wie ich eine Gruppe führen und Wissen weitergeben kann.“

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Mentoring

Mentee werden

Um Studienanfängerinnen und -anfängern den Start an der Universität zu erleichtern, helfen fortgeschrittene Studierende (Mentorinnen und Mentoren) Erstsemestern (Mentees) beim Studienbeginn. In Kleingruppen vermitteln sie Fachinformationen, Lernmethoden sowie Tipps zu Zeitplanung, Hausarbeiten und Prüfungen. Interessierte Erstsemester können sich während der Orientierungswochen an ihrem jeweiligen Fachbereich oder direkt über die Mentoring- Referate als Mentee für einen Kurs anmelden.

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Mentorin oder Mentor werden

Studierende ab dem dritten Semester können sich in einem Qualifizierungskurs zum Mentor und zur Mentorin schulen lassen. Die Weiterbildung wird als ABV-Modul anerkannt und mit fünf Leistungspunkten honoriert.

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