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Showtime statt Schublade

Freie Universität Berlin und Charité erhalten 2,8 Millionen Euro für die Gründungsförderung – mit dem Geld sollen in den nächsten fünf Jahren optimale Bedingungen für mehr Unternehmergeist geschaffen werden.

25.02.2013

Gerrit Fleige (Charité), Peter Lange (Freie Universität) und Steffen Terberl (profund), nahmen die Würdigung von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler entgegen (v. l. n. r.).

Gerrit Fleige (Charité), Peter Lange (Freie Universität) und Steffen Terberl (profund), nahmen die Würdigung von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler entgegen (v. l. n. r.).
Bildquelle: EXIS / T. Schoch

Julia Rosendahl ist Tierärztin und schreibt an der Freien Universität Berlin ihre Doktorarbeit. Seit Kurzem ist sie außerdem angehende Gründerin eines Unternehmens. Sie hatte sich kaum an die neue Rolle gewöhnt, da wurde sie schon zum Empfang und Presse-Interview ins Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) eingeladen: Dort wurden im Januar zwölf Hochschulen aus ganz Deutschland für ihre Strategie zur Gründungsunterstützung ausgezeichnet. Auch die Freie Universität erhielt eine solche Ehrung und damit verbunden 2,8 Millionen Euro Fördermittel, um in den kommenden fünf Jahren Gründungen aus der Wissenschaft noch intensiver als bisher zu unterstützen.

Zusammen mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin, dem gemeinsamen medizinischen Fachbereich von Freier Universität und Humboldt-Universität, soll eine „Entrepreneurial Network University“ auf europäischem Spitzenniveau entstehen, die optimale Bedingungen für mehr Unternehmergeist schafft. Bei der Feierstunde durften natürlich die Forscherinnen und Forscher wie Julia Rosendahl nicht fehlen – denn sie kommen auf Ideen für Produkte der Zukunft. Allerdings ist ihr Blick nicht von vornherein auf den Markt gerichtet; im Vordergrund stehen oft Promotionsnoten und wissenschaftliche Veröffentlichungen. „Für die Zeit danach denken Tierärzte eher an eine eigene Praxis – und die Forschungsergebnisse bleiben in der Schublade“, sagt die Wissenschaftlerin. Doch das wollte sie nicht. Denn sie hatte zusammen mit ihrer Dozentin Friederike Stumpff die Idee für „PerformaNat“ entwickelt, einen innovativen Futtermittelzusatz, der für die Milchviehwirtschaft von Nutzen sein kann. Mit der Erfindung wandten sie sich an den Patent- und Lizenzservice der Freien Universität, der Hand in Hand mit der Gründungsförderung arbeitet. „Die Patentanmeldung läuft“, sagt Steffen Terberl, Teamleiter für Wissens- und Technologietransfer an der Freien Universität, „wir haben Frau Rosendahl motiviert, noch einen Schritt weiter zu denken.“ So fiel ihre Entscheidung zur Gründung.

Damit die Selbstständigkeit für Hochschulangehörige und Alumni zu einer attraktiven Perspektive wird, fördert das BMWi Existenzgründungen aus der Wissenschaft. Hochschulen können finanzielle Unterstützung für einzelne Gründungsprojekte beantragen, aber auch dafür, die Rahmenbedingungen für Ausgründungen insgesamt zu verbessern. Um diese Strukturförderung hatte sich die Freie Universität gemeinsam mit der Charité im Wettbewerb „EXIST-Gründungskultur – Die Gründerhochschule“ beworben und im Januar den Zuschlag erhalten. „Wir wollen Anreize für Professorinnen und Professoren schaffen, um den Wissens- und Technologietransfer als dritte Säule neben Forschung und Lehre zu etablieren“, sagt Steffen Terberl. „Mit einer modernen, teils online-basierten Lehr- und Lernplattform wollen wir Studierenden und Wissenschaftlern aller Fachbereiche ermöglichen, unternehmerische Fähigkeiten zu erwerben.“ Besonders intensiv würden künftig forschungsbasierte Gründungen in der Gesundheitswirtschaft, der Informations- und Kommunikationstechnik-Branche sowie der Medien- und Kreativwirtschaft unterstützt. Diese Felder seien auch in der Innovationsstrategie Berlin-Brandenburgs von großer Bedeutung, sagt Terberl. Darüber hinaus sollen unternehmerisch erfahrene Alumni und Wirtschaftspartner dafür gewonnen werden, Kapital in einen sogenannten Seed-Fonds zu investieren: Dieser soll Ausgründungen in frühen Phasen eine lückenlose Finanzierung ermöglichen. Ziel ist es auch, rein wissenschaftlich besetzte Teams mit kaufmännischer Expertise zu unterstützen.

Julia Rosendahl hat das Netzwerk der Gründungsförderung weitergeholfen, denn über persönliche Kontakte stieß Wolfram Beer, Betriebswirt und erfahrene Führungskraft, als Mentor zum Projekt. „Ein echter Glücksfall“, sagt Terberl. „Wir wollen erreichen, dass uns solche Treffer in Zukunft systematisch gelingen.“ Mentoring durch erfahrene Unternehmer gehört zum Erfolgsrezept des geförderten Entwurfs von Freier Universität und Charité. Für den Veterinärmediziner und Alumnus der Freien Universität Christian Fidelak ist es Ehrensache, diese Rolle beim Start-up von Julia Rosendahl zu übernehmen. Er hat 2009 mit Unterstützung von profund die bovicare GmbH gegründet, ein Beratungs- und Betreuungsinstitut für Milchviehbetriebe. „Ich mag die unternehmerische Verantwortung“, sagt Fidelak. „Aber man muss erst lernen, damit umzugehen.“ Julia Rosendahl spornt die Hilfe an: „Wir hatten einen guten Start. Das Vertrauen unserer Unterstützer ist eine zusätzliche Motivation, Tag und Nacht für unsere Idee zu arbeiten."