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Dr. Ralf-Norbert Hülsmann: Ballastwasser - ein umstrittenes Medium

Ballastwasser – ein umstrittenes Medium

Wie eine physikalische Sicherheitsmaßnahme zu einem biologischen Problem wird

von Ralf-Norbert Hülsmann

Heutzutage werden riesige Mengen aller möglichen Güter in großen Frachtern über die Weltmeere transportiert. Mit an Bord sind jedoch nicht nur Kaffee, Kohle oder Bananen, sondern auch stets Mikroorganismen – versteckt im so genannten Ballastwasser, das in speziellen Stahltanks im Bootsinneren mitgeführt wird und das der Balance von großen Frachtschiffen dient. Dieses Wasser wird in den unterschiedlichen Häfen entleert und an anderer Stelle wieder aufgenommen. In seinem Beitrag erklärt der Zoologe Norbert Hülsmann, welche ökologischen Folgen sich durch das Ablassen dieses Wassers ergeben und welche Probleme damit einhergehen.

Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Stahlbauweise im Schiffsbau eingeführt. Dadurch wurde es erstmals möglich, spezielle Stahltanks, so genannte Ballastwassertanks, im Schiffsinneren einzubauen. Mit Hilfe dieser Tanks ist es möglich, große Transportschiffe zu stabilisieren – mit einer ähnlichen Funktion wie die Tauchzellen von U-Booten: Sie verringern nach ihrer Füllung mit Wasser den Auftrieb eines nicht oder nur teilweise beladenen Schiffs und führen somit zu einer optimierten Lage.

Wasser steht als Füllungsmedium überall in Häfen oder auf hoher See zur Verfügung und bei Bedarf kann dieses Wasser auch nahezu überall wieder ohne aufwändige technische Probleme abgegeben werden. Ballastwassertanks sind am Boden und an den Seiten des Schiffs eingebaut und ihre unterschiedliche Füllung ermöglicht die exakte Trimmung des Schiffs, etwa bei ungleicher Beladung mit Nutzlast, zum Ausgleich verbrauchten Treibstoffs und Brauchwassers oder auch nach einem möglichen Verrutschen der Ladung.

Ballasttanks
Längs- und Querschnitt(e) durch ein typisches unter Ballast fahrendes Schiff mit den einzelnen Ballasttanks (hellblau). Einlassöffnung, Ventile, Pumpen und Rohrleitungen sind nicht dargestellt

Die richtige Trimmung ist seit jeher ein äußerst wichtiger Aspekt für die Sicherheit von Mannschaft, Passagieren, Ladung und Schiff und somit eine unabdingbare nautische Notwendigkeit. „Safety is paramount“, lautet die Prämisse der internationalen Seeschifffahrt. Dementsprechend erreichen bei großen Schiffen die Ballasttanks gewaltige Dimensionen: in der Höhe und Länge durchaus 20 Meter und mehr, in der Breite etwa zwei Meter – insgesamt also eine Kapazität von rund 800 bis 1.200 Kubikmetern (bzw. metrischen Tonnen, MT). Multipliziert mit der Anzahl der Tanks ergeben sich bei einem normalen Containerschiff durchaus Werte von 20.000 bis 40.000 Kubikmetern wässrigen Tankinhalts, der auf diese Weise unter erheblichen Mehrkosten und ohne Aussicht auf irgendeinen Gewinn mitgeschleppt werden muss – vorausgesetzt allerdings, das Schiff fährt nur mit geringer Nutzlast. Es darf zu Recht vermutet werden, dass eine solche Situation von Reedern, Schiffseignern und Kaufleuten nach Möglichkeit vermieden wird. Ballast ist – wie der niederländische Stamm des Wortes schon vermuten lässt – eine Last bar jeden (ökonomischen) Wertes.

In bestimmten Situationen müssen Schiffe jedoch völlig auf Nutzlast verzichten und operieren dann nur mit den jeweils notwendigen Minima an Ballastwasser. Ein Massengutfrachter, der für Spezialtransporte von A nach B konstruiert wurde und zum Beispiel Steinkohle von den USA nach Israel verfrachten soll, muss auf der Rückfahrt mangels geeigneter Güter ohne Nutzlast fahren, das heißt unter Ballast das Mittelmeer und den Atlantik durchqueren. Auf diese Weise gelangen monatlich 160.000 Tonnen amerikanischer Steinkohle von Baltimore nach Hadera in Israel. Auf dem Rückweg werden etwa 80.000 Kubikmeter levantinischen Meerwassers von Ost nach West verbracht, bei Baltimore in die Chesapeake Bay entlassen und wieder durch Kohle ersetzt. Auf diese und ähnliche Weise sollen jährlich mehrere Milliarden Tonnen von Süßwasser und Meerwasser global verteilt werden.

Spätestens an dieser Stelle wird sich der ökologisch orientierte Leser fragen, ob die erwähnte Sicherheit der Seefahrer nicht zu Lasten nachhaltiger Veränderungen in der Zusammensetzung von Fauna und Flora in den Zielgebieten des Ballastwassers geht. Diese Frage wurde schon vor mehr als einem Jahrhundert gestellt – und die Antwort ist heute ein eindeutiges ja. Seit ihrer Einführung vor 150 Jahren ist die Ballasttechnologie mit einem fortdauernden ungewollten Transfer von Organismen verknüpft. Von diesen Organismen wusste man zunächst nur, dass sie im Ursprungsgebiet vorkommen, das Einpumpen überstehen, den oft wochen- oder monatelangen Aufenthalt in dunklen Stahltanks überleben und letztendlich auch wieder unbeschadet abgepumpt werden können, bis sie plötzlich oder auch nach Jahren als Fremdlinge in einer neuen Heimat registriert werden. Wie sie diese Torturen überstehen, ob sie in ihrem neuen Habitat überleben werden, ob sie das Gleichgewicht dort verändern, als „biologische Invasoren“ oder als Parasiten und Krankheitserreger in Erscheinung treten, war bislang eher Gegenstand von Spekulationen. Tatsache jedoch ist, dass einige „invasive“ Organismen große Probleme verursachen, weil sie sich in ihren neuen Verbreitungsgebieten zunächst noch ungehindert von ortsansässigen Konkurrenten, Fressfeinden und Parasiten behaupten und später auch unkontrolliert verbreiten und vermehren können – wie beispielsweise die Dreikantmuschel Dreissena polymorpha, die ursprünglich aus dem ponto-kaspischen Raum stammt und heute in den nordamerikanischen Seen nahezu alle Konkurrenten überwuchert und selbst in Wasserversorgungs- und Kühlanlagen eindringen konnte. Oder die an den nordatlantischen Küsten der USA heimische Rippenqualle Mnemiopsis leidyi. Sie vermehrte sich nach dem vermutlich 1986 erfolgten Transfer ins Schwarze Meer massenhaft und brachte den Fischern erhebliche Verluste ein. Der in China, Korea, Russland und Japan beheimatete Nordpazifische Seestern Asterias amurensis, mittlerweile als Killer-Seestern bezeichnet, bedrohte zunächst in Australien und nunmehr auch in Nordamerika die dort beheimateten Muschel-Populationen. Innerhalb von Deutschland sieht die Situation für Außenstehende manchmal etwas „harmloser“ aus: Wollhandkrabbe oder Schwertmuschel gelten bei vielen bereits als eingebürgerte und damit mehr oder weniger „geduldete Fremdlinge“.

Die Liste ließe sich mit einigen hundert (vielleicht etwas weniger dramatischen) Beispielen verlängern. Der kurze Überblick reicht jedoch bereits, um zu erahnen, dass Ballastwasser der wohl wichtigste Vektor in der ungewollten Verbreitung von Meeres- und Süßwasserorganismen ist. Verstärkt wird dieser Eindruck, wenn man weiß, dass die Industrie geradezu gigantische Schiffe entwickelt, um Transportkosten zu verringern. Erst im vergangen Juli wurde das zur Zeit größte Containerschiff in Dienst gestellt, die CSCL-Asia, das mit 334 Metern Länge, knapp 43 Metern Breite und rund 13 Metern Tiefgang an die 8.500 Container transportieren kann. Wollte man diese Ladung mit einem Güterzug transportieren, so erreichte er eine Länge von etwa 60 Kilometern. Doch das Limit ist noch nicht erreicht: Für das nächste Jahr sind Schiffe mit einer Kapazität von bereits 9.600 Containern in Aussicht gestellt. Zusammen mit den bereits jetzt existierenden 40.000 weiteren hochseetüchtigen Schiffen erscheint die Dimension dieser Problematik bedrohlich.

Seit etwa 20 Jahren versuchen Biologen, die Probleme von ballastvermittelten Transfers und biologischen Einführungen zu analysieren und zusammen mit anderen Naturwissenschaftlern, Ingenieuren und Nautikern praktikable Wege zur Risikominderung und -vermeidung zu entwickeln. Zahlreiche Tanks sind mittlerweile auf ihren biologischen Inhalt hin untersucht worden. Dabei zeigte sich, dass offensichtlich Vertreter von mehr als 4.000 Tier- und Pflanzenarten tagtäglich in Ballasttanks auf Reisen sind und global verschleppt werden. Durch eigene, in der Arbeitsgruppe Protozoologie am Institut für Zoologie der FU Berlin durchgeführte mikroskopische Analysen von Ballastwasser und Ballasttank-Sedimenten stellte sich heraus, dass noch mindestens weitere 400, möglicherweise sogar mehr als 1.000 Repräsentanten einzelliger Arten hinzuzurechnen sind. Diese Organismen werden hier vor Ort lebend untersucht – sie haben also durchaus aktiv ihre Zielhäfen erreicht und sind als potentielle Einwanderer in Erscheinung getreten. Gleichzeitig angestellte Untersuchungen zur Populationsdynamik zeigen, dass gerade die Einzeller (darunter zahlreiche Amöben, heterotrophe und phototrophe Flagellaten, Ciliaten) eine besonders hohe Überlebenschance in den Ballasttanks besitzen, da viele unter ihnen von Bakterien leben, die ihrerseits die Überreste von sterbendem oder totem Tier- und Pflanzenmaterial für ihre Ernährung verwenden.

Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme
Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme eines riesigen amöboiden Organismus mit zahlreichen, sich netzartig verzweigenden Pseudopodien

Offensichtlich entwickeln sich regelrechte Nahrungsnetze, bei denen die Einzeller zweifach in Erscheinung treten: zum einen als Bakterienfresser und kleine Räuber und zum anderen als Futterorganismen für größere Tiere wie Kleinkrebse, Nesseltiere oder Borstenwürmer. Aufgrund ihrer zumeist geringen Größe dürften sie vor allem als Nahrung für die Larvenstadien von potentiellen Invasoren extrem wichtig sein. Gerade für diese scheinen die Ballasttanks eher dunklen Aquarien als stählernen Haftzellen zu gleichen. Larven, deren adulte Stadien zu groß für die Filtersiebe der Ansaugstutzen der Ballastwasserleitungen sind, kommen auf diese Weise ohne Schwierigkeiten durch die Ozeane. Zudem sind die Reisezeiten oder Liegezeiten oft sehr kurz: Moderne Schiffe verkehren mit etwa 25 Seemeilen pro Stunde, das entspricht nahezu dem Maximum der erlaubten Höchstgeschwindigkeit für den Autoverkehr in geschlossenen Ortschaften.

Aber nicht nur durch diese indirekt fördernde Wirkung als Lieferant von Nährstoffen für Tiere und ihre Larven, sondern auch viel konkreter, nämlich als Parasiten, Opportunisten und Schädlinge, stellen manche Protisten ein erhebliches Risiko dar. Seit den Untersuchungen einer australischen Forschergruppe ist klar, dass auch Dinoflagellaten und Diatomeen (Kieselalgen) zu den blinden Passagieren von Ballasttanks gehören können, die auch in einer mehr oder weniger umweltresisten Dauerform, so genannten Dauer- oder Hypnocysten, den Strapazen einer Dunkelhaft entgehen können. Etwa 40 dieser in der Regel äußerst nützlichen und für die globalen Stoffkreisläufe extrem wichtigen Organismen besitzen die fatale Eigenschaft, Toxine produzieren zu können (zum Beispiel Brevetoxine, Saxitoxine, Domoin-Säure), die in Muschelkulturen, aber auch bei Muscheln verzehrenden Menschen, verheerende Wirkungen ausüben können. Beispiele für derartige Vergiftungen sind die paralytische Muschelvergiftung, die über die Veränderung des Ionen-Haushalts zu (zum Teil tödlichen) Lähmungen führt, sowie die diarrhöische Muschelvergiftung, die mit schwerem Durchfall und Erbrechen einhergeht. Hierher gehören auch amnestische und neurotoxische Muschelvergiftungen, die über zentralnervöse Störungen zum Tode führen können, bislang aber nur an den amerikanischen Küsten auftraten. Man vermutet nicht ohne Grund, dass eine ganze Reihe von Fällen eines plötzlich auftretenden Muschelsterbens auf die ballastvermittelte Einführung von Schadorganismen dieser Gruppe zurückzuführen ist.

Eine weitere Gruppe von Organismen mit potentieller Schadwirkung stellen marine Schleimpilze, auch Netz-Schleimpilze genannt (Labyrinthuliden). Wir konnten diese bei unseren Untersuchen von Sedimenten, die sich am Boden von Ballasttanks abgesetzt hatten, mindestens in jeder zweiten Probe und insgesamt mit rund 25 (teilweise unbeschriebenen) Arten nachweisen. Sie stellen damit die stärkste Fraktion innerhalb der bisher lebend aus Tanks isolierten Protisten. Die biologische Rolle dieser Organismen innerhalb der Ballasttanks ist offensichtlich: Sie zersetzen dort organisches Material und drangsalieren teilweise auch Cysten von Einzellern und Eier von Vielzellern mit parasitischen Attacken. Von Labyrinthuliden weiß man, dass sie weltweit vor allem in den untergetauchten Wiesen der Seegräser vorkommen. Zumindest zwei Arten werden ursächlich mit den Symptomen des globalen Seegras-Sterbens („wasting disease“) in Verbindung gebracht. Es darf zu Recht vermutet werden, dass auch durch den internationalen Schiffsverkehr ein Beitrag zur Verbreitung dieser Organismen geleistet wurde und wird.

Wenn man dann noch zur Kenntnis nehmen muss, in welchem Maße auch pathogene Keime, wie coliforme Bakterien oder Cholera-Erreger, im Ballastwasser auftreten, verbreitet werden und letztendlich in Hafenstädten Epidemien auslösen, stellt sich natürlich die Frage, welche Vorbeugemaßnahmen ergriffen werden müssen und welche Abwehrmaßnahmen zur Verfügung stehen. Weltweit spricht man schon von einem „ökologischen Roulette“, bei dem nur die Frage offen scheint, wann man verliert. Man stelle sich nur vor, was passieren kann, wenn ein Frachter sein aus dem Ganges-Delta stammendes Ballastwasser vor den Stränden Cuxhavens freisetzt: Klinisch bedenkliches Flusswasser, durchsetzt mit Überresten verwesender Organismen und voller tropischer Krankheitskeime, würde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Badegäste infizieren und möglicherweise zu Epidemien führen.

Da aus Sicherheitsgründen auf die Wasserballasttechnologie bis auf weiteres nicht verzichtet werden kann, sind zunächst prophylaktische Maßnahmen anzustreben, die von der Internationalen Seefahrtsorganisation in London (IMO, International Maritime Organisation) auch verbindlich vorgegeben werden. Dazu zählt beispielsweise das Verbot, Ballastwasser in Regionen aufzunehmen, von denen „Rote Tiden“ oder „Braune Tiden“ oder ähnlich spektakuläre Massenvorkommen von Mikroorganismen gemeldet werden.

Man will mit dieser Maßnahme vermeiden, dass ein Übermaß von vermutlich toxinhaltigen Mikroorganismen aufgenommen und möglicherweise in Regionen verschleppt wird, in denen sie wirtschaftlichen oder gesundheitlichen Schaden anrichten können. Es gibt weiterhin Empfehlungen, Ballastwasser möglichst bei Flut und nicht bei Ebbe aufzunehmen, oder aber in tieferen Wasserstraßen, weil dann weniger leicht Sedimente vom Boden des Gewässers her angesaugt werden. Solche Sedimente weisen auf – wie wir aus eigener Erfahrung bestätigen können – eine etwa zehn Mal höhere Artenvielfalt als die Wassersäule.

Generell lässt sich bestätigen, dass von den küstennahen Regionen – und damit von den wichtigen Wirtschaftshäfen – eine größere Gefahr ausgeht als von den Bereichen der Hochsee. Die Schelfgebiete der Kontinente sind in der Regel relativ flach, von Licht durchflutet und durch eine Vielzahl von Flusseinmündungen vergleichsweise reich an Nährstoffen. Sie ermöglichen zahlreichen, auch problematischen Organismen ein gutes Auskommen. Da man annimmt, dass solche Organismen auf hoher See weit außerhalb des Festlandsockels kaum Überlebenschancen besitzen, andererseits aber die Organismen der Hochsee kaum Schaden in Küstenregionen anrichten können, sind die IMO-Mitgliedsländer sowie einzelne US-Bundesstaaten übereingekommen, ein so genanntes „Open-Ocean-Exchange (OOE)“ verpflichtend vorzuschreiben. Dabei soll das möglicherweise kontaminierte Ballastwasser aus Hafen- oder Küstenregionen gegen das vergleichsweise unbelastete Meerwasser des offenen Ozeans (aus einer mindestens 2.000 Meter hohen Wassersäule) ausgetauscht werden, entweder nach der Methode des „Leerens und Wieder-Füllens“ oder durch ein „kontinuierliches Spülen“ der Ballasttanks oder Frachträume. Die erste Methode belastet die Schiffskonstruktion vor allem durch mechanische Spannungen und kann während der Fahrt kaum durchgeführt werden – vor allem dann nicht, wenn hoher Seegang herrscht. Von der zweiten Methode wird keine hohe Effektivität erwartet. Austauschvorgänge solcher Art sind auch von uns analysiert worden, vor allem an dem schon erwähnten Massengutfrachter M/V Hadera (siehe Abbildung Seite 70). Nach dem Wasseraustauch, der südlich der Azoren innerhalb von 13 Stunden vollzogen wurde, zeigte sich, dass neben den nach wie vor nachweisbaren levantinischen Organismen aus Hadera nun auch noch atlantische Hochsee-Arten die biologische Vielfalt ausmachen. Hinsichtlich der Protisten scheint ein solcher Austausch wie der Wasserwechsel in einem Aquarium zu wirken: vielleicht mit etwas Verlust an Organismen verbunden, vor allem aber für den Rest äußerst erholsam. Trotz solcher Erhebungen, die durch mikrobielle Untersuchungen und Verdünnungstests mit Farbstoffen bestätigt werden, halten die Organisationen an der OOE-Verordnung fest. Es kann daher passieren, dass Schiffen das Anlegen im Zielhafen verwehrt wird, wenn kein Nachweis über einen erfolgten Austausch erbracht werden kann.

Containerschiff
Kleines Containerschiff auf der unteren Elbe vor Neuwerk: Aufgrund der lückenhaften Beladung mit Containern darf vermutet werden, dass dieses Schiff mit Ballastwasser operiert und möglicherweise Organismen aus dem Hamburger Hafengebiet mit sich führt.

Erfolgversprechend erscheinen daher die bereits in großem Maßstab anlaufenden Versuche mit physikalischen Säuberungsmethoden. Vor allem durch den Einsatz von so genannten Hydrozyklon-Pumpen, bei denen Partikel und Lebewesen aus dem laufenden Wasserstrom abzentrifugiert werden und nur noch hochgereinigtes Hafenwasser in die Ballasttanks gelangt, erreicht man einen hohen Wirkungsgrad – vor allem in Kombination mit UV-Bestrahlung und Ozonisierung des Wassers. Proben aus Hafenwasser, das zwar noch nicht an Bord eines Schiffes, sondern von der Kaimauer aus mit solchen Methoden genommen und bei uns analysiert wurde, zeigte Überraschendes (und für einen Biologen eigentlich Deprimierendes), nämlich keinerlei Spuren von lebenden Zellen. Gelingt es, solche Kombinationsanwendungen mit hoher Förderleistung zu koppeln (etwa 5.000 Tonnen pro Stunde und schnell und bezahlbar auf den Markt zu bringen, dürften ballastvermittelte Einführungen bald der Vergangenheit angehören. Im Kontext mit der Globalisierung der Biodiversität („alles ist überall“) würde dies jedoch kaum etwas bewirken, denn die Schiffsaußenhaut stellt ebenfalls ein gutes Transportmittel dar, und absichtliche Einführungen sind gang und gäbe in der marinen Aquakultur von exotischen Lebewesen.

 

Literatur
  • National Research Council (1996): Stemming the tide. Controlling introductions of nonindigenous species by ships’ ballast water. National Academy Press, Washington, 1–141.
  • Galil, B.S. & Hülsmann, N. (1997): Protist transport via ballast water – biological classification of ballast tanks by food web interactions. European Journal of Protistology 33, 244–253.
  • Hülsmann, N. & Galil, B.S. (2002): Protists – a dominant component of the ballast-transported biota. In: Invasive aquatic species of Europe. Distribution, impacts and management (eds. E. Leppäkoski et al.), 20–26. Kluwer Academic Publishers, Dordrecht.