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Die Gestaltung des Raumes zwischen Natur und Kultur

PD Dr. Ortwin Dally ist Generalsekretär des Deutschen Archäologischen Instituts. Zugleich lehrt er am Institut für Klassische Archäologie der Freien Universität

PD Dr. Ortwin Dally ist Generalsekretär des Deutschen Archäologischen Instituts. Zugleich lehrt er am Institut für Klassische Archäologie der Freien Universität
Bildquelle: DAI

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Menschen werden von der Umwelt, in der sie leben, geprägt. Die lokalen Gegebenheiten, seien sie geografischer und/oder klimatischer Natur, beeinflussen ihr Leben. Aber dies ist kein einseitiges, sondern ein gegenseitiges Verhältnis. Menschen passen sich nicht nur an, sie greifen in ihre Umgebung ein, nutzen sie zu ihrer Versorgung und gestalten sie als Kulturraum durch Bauten und Denkmäler. Bei der Untersuchung dieser Beziehung von Mensch und Umwelt spielen Zentrale Orte in unserer Forschung eine wichtige Rolle. Der Begriff wurde in den dreißiger Jahren von dem Geografen W. Christaller geprägt, um hierarchische Beziehungen innerhalb eines Siedlungsgefüges zu beschreiben. Christallers Ansätze können heute zwar nicht ungefragt übernommen werden. Aber die Grundfrage, wie ein Siedlungs- und Kulturraum gestaltet wird, wie sich diese Siedlungs- und Kulturräume zum Naturraum verhalten und wie dies in unterschiedlichen Kulturen verschieden gehandhabt wurde, ist unvermindert aktuell.

In der Arbeit der Forschungsgruppe soll der Begriff des Zentralen Ortes weiterentwickelt werden. Fragen, die hierbei eine Rolle spielen, sind etwa: Was macht die Qualität eines zentralen Ortes aus? Wie wurde er versorgt? Wie ist das Verhältnis von zentralem Ort und Peripherie? Welche Faktoren waren ausschlaggebend für die Anlage eines zentralen Ortes? Wie entwickeln sich Zentralorte unter wechselnden kulturellen und politischen Konstellationen?

Der geografische Rahmen ist bewusst weit gesteckt: Die Forschungsprojekte reichen vom Mittel- und Schwarzmeerraum bis hin zum Vorderen Orient und zu Teilen der Eurasischen Steppe. Ebenso weit gesteckt sind die unterschiedlichen Qualitäten von Zentralorten: Heiligtümer und Paläste kommen ebenso zur Sprache wie beispielsweise die Anlage von Hafenstädten.

Aber auch Umweltfaktoren spielen eine wichtige Rolle, denn sie dürften eine besondere Bedeutung etwa bei der Anlage von Zentralorten in extrem ariden oder semiariden Gebieten gehabt haben, wo nämlich das nur knapp vorhandene Wasser einen wesentlichen Ausgangspunkt für die Entstehung und Entwicklung von Zentralorten bildete.

Eine weitere Forschergruppe untersucht den Zusammenhang von Innovationen, sozialem Wandel und der Transformierung von kulturellen Räumen. Die Erfindung des Rades und des Wagens, die Domestizierung des Pferdes, die Kultivierung des Wollschafes oder die Einführung des Pfluges gingen stets nicht nur mit bedeutenden gesellschaftlichen Veränderungen einher, sondern hatten auch Auswirkungen auf die Gestaltung des Kulturraumes. So ist der Beginn der Landwirtschaft mit neuen hierarchischen Strukturen und dem Beginn der Sesshaftigkeit des Menschen verbunden.

Als sich etwa in der frühen Eisenzeit im fernen Sibirien eine neue nomadische Kultur herausbildete, deren Grundlage das Pferd war, entstanden eine neue Organisation des Raumes und eine vorher nicht gekannte soziale Stratifikation, von der monumentale Grabhügel zeugen, die weithin sichtbar das Bild der Landschaft prägten.

Von Ortwin Dally

Das Reich der schwarzen Pharaonen

In dieser lebensfeindlichen Umwelt fernab fließender Gewässer stand einst die Stadt Naga. Sie gehörte zur meroitischen Kultur, die ägyptische Gottheiten kannte, gleichzeitig aber von afrikanischen Wurzeln geprägt war. Naga gehört zu den komplexesten Anlagen des antiken Sudan. Ihre Tempel, Paläste, Nekropolen, Siedlungsgebiete Hafire – Wasserreservoires – und Steinbrüche bildeten ein Stadtgebiet von mehr als einem Quadratkilometer Ausdehnung. Das Areal war nahezu unerforscht und seit der Antike auch nahezu ungestört. Unter der Leitung von Prof. Dr. Dietrich Wildung, Direktor des Ägyptischen Museums in Berlin und der Archäologin Dr. Karla Kröper, wird im so genannten Naga-Projekt des Ägyptischen Museums die antike Stadt erforscht: Wie konnte sich hier vor 2000 Jahren fernab der Hauptverkehrsachse und scheinbar ohne gesicherte Wasserversorgung eine Stadtstruktur entwickeln?