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Knochenarbeit

Kung Fu gegen Osteoporose

Prof. Dieter Felsenberg

Prof. Dieter Felsenberg

Bodybuilding mit 70 und mit 80 Kung Fu? „Warum nicht", sagt Prof. Dieter Felsenberg, Leiter des Zentrums für Muskel- und Knochenforschung am Klinikum Benjamin Franklin. „Sport und Krafttraining sind das Beste, was man für die Knochen tun kann."

Das Muskel-Skelett-System erfassen

Felsenberg, der sich seit Ende der 1980-er Jahre am Klinikum Benjamin Franklin der Osteoporoseforschung widmete, gründete 1999 das Zentrum für Muskel- und Knochenforschung, in dem ein Team aus Medizinern, Naturwissenschaftlern, Mathematikern und Informatikern zusammenarbeitet, um das gesamte Muskel-Skelett-System mit seinen Fehlfunktionen und Krankheiten zu erfassen.

Knochen werden über die Muskulatur gesteuert; wird sie nicht beansprucht, werden auch die Knochen schwach. Das gilt bis ins hohe Alter. Spazieren gehen und Radfahren sind zwar gut für den Kreislauf. Doch für eine handfeste Wirkung auf die Knochen sind diese Bewegungen nicht dynamisch genug.

Erkenntnisse aus der Weltraumforschung

Diese Erkenntnis ist ein spin-off der Weltraumforschung. In Kooperation mit der ESA (European Space Agency) hatten Felsenberg und seine Kollegen in der Berliner BedRest-Studie zukünftige Astronauten für eine mögliche Marsmission zwei Monate lang ins Bett gesteckt, um den Zustand der Schwerelosigkeit zu simulieren.

Einer Testgruppe wurde täglich zwei Mal vier Minuten lang das Galileo-Space-Vibrationsgerät unter die Füße geschnallt. Der Galileo ist eine hochfrequent vibrierende Wippe, die reflexartige Muskelarbeit in den Beinen auslöst. Ein vierminütiges Training entspricht etwa der Muskeltätigkeit eines 10 000-Meter-Laufes. „Es gab keinen Knochenschwund bei der Trainingsgruppe", fasst Felsenberg das Ergebnis der Studie zusammen. Die untrainierte Vergleichsgruppe hingegen erlitt einen Abbau der Knochen um drei bis vier Prozent.

Prof. Felsenberg
Prof. Felsenberg empfiehlt kräftigen Sport für schwache Knochen

Die Erkenntnisse der „Marsmission" boten aber auch Lösungen für ganz irdische Probleme:

30 Prozent aller Frauen nach der Menopause haben ein besonders hohes Risiko an Osteoporose zu erkranken. Bislang war die Hormonersatztherapie das Mittel der Wahl, um den äußerst schmerzhaften Knochenschwund zu verhindern oder zumindest zu verlangsamen. Wegen immer noch unwägbarer Risiken für die behandelten Frauen, zum Beispiel an Brustkrebs oder Thrombosen zu erkranken, wird diese Behandlung allerdings nicht mehr empfohlen. Inzwischen gibt es neben Alternativen in der medikamentösen Therapie die Erkenntnis, dass man der Osteoporose auch mit anderen Mitteln entgegentreten kann. Felsenberg und seine Kollegen konnten einen eindeutigen Zusammenhang zwischen verringerter Muskelleistung und der postmenopausalen Osteoporose feststellen und daraus nicht-medikamentöse Formen der Vorsorge und Therapie entwickeln. Und wie bei Astronauten, Bodybuildern und Sportlern gilt auch hier: Starke Muskeln machen starke Knochen - bis ins hohe Alter.

Für diejenigen, denen Marsmissionen zu langwierig und Body Building und Kung Fu zu martialisch sind, hält Felsenberg einen Tipp bereit: „Gehen Sie tanzen!" Am besten Walzer oder Tango.

Von Susanne Weiss