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Übersetzungshilfe und kulturpolitisches Signal

An der Freien Universität Berlin entsteht das dreibändige „Große japanisch-deutsche Wörterbuch“

26.04.2013

Als Initiatorin des "Großen japanisch-deutschen Wörterbuchs" musste Irmela Hijiya-Kirschnereit Widerstände überwinden. Die Japanologin freut sich umso mehr über die guten Kritiken zum ersten Band.

Als Initiatorin des "Großen japanisch-deutschen Wörterbuchs" musste Irmela Hijiya-Kirschnereit Widerstände überwinden. Die Japanologin freut sich umso mehr über die guten Kritiken zum ersten Band.
Bildquelle: Bianca Schröder

Ein Meilenstein, ein Jahrtausendwerk, ein beispielloses Original: Als im Jahr 2009 der erste Band des „Großen japanisch-deutschen Wörterbuchs“ erschien, überschlugen sich die Rezensenten geradezu vor Begeisterung. Die Reaktionen motivieren Irmela Hijiya-Kirschnereit, Japanologie-Professorin an der Freien Universität Berlin, ein Projekt voranzutreiben, das zwischenzeitlich fast gescheitert wäre. Bis 2018 sollen in drei Lexikonbänden rund 135 000 Stichwörter erfasst werden.

Hijiya-Kirschnereit initiierte das Projekt 1997 als Direktorin des Deutschen Instituts für Japan-Studien (DIJ) in Tokio. „Viele Kollegen und ich waren der Meinung, dass wir ein umfassendes Wörterbuch brauchen, das den aktuellen Wortschatz und all die Spezialwortschätze bündelt.

Das haben wir schon lange gewusst, doch erst damals gab es den richtigen Ort und die Möglichkeit zu sagen, das müssen wir selbst in die Hand nehmen“, erläutert sie. Das letzte umfassende japanisch-deutsche Wörterbuch, von Kinji Kimura, erschien 1937 in Tokio. Es gilt als veraltet, sein Umfang umfasst nur rund ein Drittel des neuen Wörterbuchs.

Anfangs war das „Große japanisch-deutsche Wörterbuch“ ein Projekt des Deutschen Instituts für Japan-Studien, finanziert vor allem aus Drittmitteln. Zu den Förderern gehörten deutsche und japanische Stiftungen, außerdem einige Privatpersonen und Unternehmen aus beiden Ländern. 1999 begann die lexikografische Arbeit. Hijiya-Kirschnereit und ihre Mitarbeiter stellten zunächst aus japanischen Lexika zur Allgemeinsprache und zu Spezialwortschätzen – von der Jugendsprache bis zu Fachlexika für Bauwesen, Informationstechnik oder Biochemie – eine weit mehr als 200 000 Stichwörter umfassende Liste zusammen, aus der anschließend noch einmal ausgewählt werden musste. „Die Japaner haben ihre Sprache sehr gut dokumentiert, das ist für uns natürlich von Vorteil“, sagt die Wissenschaftlerin. Neben den deutschen Entsprechungen zu den japanischen Wörtern enthält das Werk auch Informationen zu Wortarten, Lese- und Schreibvarianten; es umfasst Herkunftshinweise, Stil- und Registerangaben und typische Verwendungsarten.

Besondere Merkmale des neuen Konzepts sind die zahlreichen Beispielsätze und idiomatischen Redewendungen aus Zeitungen, Werbung, Romanen und anderen Quellen, an denen der Gebrauch im Kontext deutlich wird. Neben seinem praktischen Nutzen setze das Wörterbuch auch ein wissenschafts- und kulturpolitisches Signal, sagt Hijiya-Kirschnereit. Denn Deutsch sei nach wie vor eine wichtige Regionalsprache und Sprache für die Forschung: „Aus meiner Sicht ist es fatal, wenn dem Deutschen als Wissenschaftssprache von deutscher Seite – und dabei sogar von öffentlich geförderter deutscher Seite – das Wasser abgegraben wird.“ Natürlich müssten Wissenschaftler sich gut auf Englisch verständigen können, doch könnten Deutsch-Muttersprachler das Japanische nicht einfach über das Englische erschließen. In einigen Ländern gelte das „Große japanisch-deutsche Wörterbuch“ mittlerweile als Vorbild, etwa für ein neues japanisch-französisches, ein japanisch-polnisches und ein japanisch-ungarisches Wörterbuch.

Einen großen Rückschlag hat das Projekt überstanden. Als Hijiya-Kirschnereit nach acht Jahren in Tokio 2004 nach Berlin zurückkehrte – sie ist seit 1991 Professorin an der Freien Universität –, setzte ihr Nachfolger in Tokio das Projekt ab. Bedingung für eine Fortsetzung war, dass eine andere Institution es übernahm, denn ohne eine solche Einbindung hätten keine Drittmittel mehr eingeworben werden können. So war es für das Redaktionsteam ein glücklicher Umstand, das Projekt an der Freien Universität weiterführen zu können. Zweimal half die Hochschule in finanziellen Engpässen, während noch Förderanträge liefen. Inzwischen ist das Projekt mithilfe engagierter Privatförderer in Japan und Deutschland sowie durch Stiftungen so weit gesichert, dass bald der zweite von insgesamt drei Bänden erscheinen wird.

Ohne das Engagement des Münchner Iudicium Verlags wäre es nicht gegangen: Er investierte beträchtliche Eigenmittel und stellte den ersten Wörterbuch-Band sogar zur kostenfreien Nutzung ins Internet. Irmela Hijiya-Kirschnereit findet das sinnvoll und zeitgemäß, verteidigt aber auch die gedruckte Form: „Wenn man professionell übersetzt, ist es sinnvoll, die Einträge vor und nach dem Begriff anzusehen.“ Derzeit liest sie die Seiten des zweiten Bandes Korrektur – und arbeitet daran, die lange Liste der Förderer zu erweitern. Damit auch der dritte Band erscheinen kann.

Weitere Informationen

Prof. Dr. Irmela Hijiya-Kirschnereit, Freie Universität Berlin, Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften / Ostasiatisches Seminar, Japanologie, Tel.: (030) 838-53856; E-Mail: i.hijiya@fu-berlin.de