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Freie Universität Berlin entzieht Franziska Giffey den Doktorgrad

Präsidium folgt der Empfehlung des Prüfgremiums / 2019 verhängte Rüge aufgehoben

Nr. 109/2021 vom 10.06.2021

Die Freie Universität Berlin entzieht Franziska Giffey den Doktorgrad. Dies beschloss das Präsidium nach umfassender Beratung einstimmig. Die im Oktober 2019 verhängte Rüge wurde aufgehoben. Der Beschluss wurde Franziska Giffey am Donnerstag übermittelt. Grundlage der Entscheidung war der Bericht des zweiten Prüfgremiums, das gemäß § 34 des Berliner Hochschulgesetzes (BerlHG) eingesetzt worden war. Berücksichtigt wurde auch die Stellungnahme von Franziska Giffey. In dem Verfahren ging es um ihre Arbeit mit dem Titel „Europas Weg zum Bürger – Die Politik der Europäischen Kommission zur Beteiligung der Zivilgesellschaft“. Dafür war ihr im Jahr 2010 durch den Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaften der akademische Grad einer Doktorin der Politikwissenschaft (Dr. rer. pol.) verliehen worden. Zur Begründung für die Entziehung erklärte die Freie Universität, der Doktorgrad sei durch „Täuschung über die Eigenständigkeit ihrer wissenschaftlichen Leistung“ erworben worden. Es seien Texte und Literaturnachweise anderer Autorinnen und Autoren übernommen worden, ohne dass dies hinreichend gekennzeichnet worden sei. Mit der Entscheidung machte die Freie Universität Berlin Dokumente im Zusammenhang mit den beiden Prüfverfahren öffentlich, die zuvor mit Blick auf die Rechtssicherheit des Verfahrens und auf schutzwürdige Interessen der Beteiligten vertraulich behandelt worden waren.

Für eine zweite Prüfung der Plagiatsvorwürfe waren für die Freie Universität drei juristische Gutachten aus dem Jahr 2020 wesentlich, insbesondere das von Prof. Dr. Dr. h. c. Ulrich Battis über das Instrument der Rüge. Professor Battis zufolge kann eine Rüge in einem minderschweren Fall einer Täuschung verhängt werden. Da das Gutachten von Professor Battis erst nach der Entscheidung für die Erteilung einer Rüge erstellt wurde, konnte es weder vom ersten Prüfgremium noch vom Präsidium berücksichtigt werden. Daher hat das erste Prüfgremium in seinem Bericht zwar eine bedingt vorsätzliche Täuschung festgestellt, ist aber nicht explizit auf die Frage eines etwaigen minderschweren Falles eingegangen. Dies führte zum zweiten Prüfverfahren, das die neuen Sachverhalte der Gutachten miteinbeziehen konnte.

Die Freie Universität bewertete den Plagiatsvorwurf nun abschließend und zog dafür den Bericht des zweiten Prüfgremiums vom 23. April 2021 heran. Aus dem Bericht ergibt sich, dass die Gutachterin und der Gutachter sowie die weiteren Mitglieder der Promotionskommission im Promotionsverfahren getäuscht worden sind. Franziska Giffey habe mindestens mit bedingtem Vorsatz gehandelt. Die Arbeit genüge „nicht den Anforderungen an die Gute Wissenschaftliche Praxis“.

Das Präsidium dankte den Mitgliedern des ersten und zweiten Prüfgremiums für die umfassende Prüfung der Dissertation unter hohem persönlichen Einsatz und drückte seine Wertschätzung für deren erbrachte Arbeit in den Prüfverfahren aus. „Die Verfahren waren für alle beteiligten Personen an der Hochschule eine Herausforderung. Wir bedauern es sehr, dass aus der Abwägung unterschiedlicher Erfordernisse der Vertraulichkeit von universitären Prüfverfahren einerseits und öffentlichem Interesse andererseits besondere Belastungen für die Mitglieder beider Gremien entstanden sind. Unser Anspruch war es, Fairness gegenüber allen Beteiligten im Verfahren zu gewährleisten. Die Freie Universität Berlin hat auf die Wahrung der Persönlichkeitsrechte und schutzwürdigen Interessen von Franziska Giffey stets großen Wert gelegt. Wichtig war es auch, die Rechtssicherheit und Vertraulichkeit im Ablauf des Prüfungs- und Begutachtungsprozesses zu wahren und dadurch möglichen Schaden von allen beteiligten Personen sowie von der Hochschule abzuwenden“, erklärten die Mitglieder des Präsidiums.

Hintergrund

Die Freie Universität Berlin hatte Anfang Februar 2019 ein formelles Prüfverfahren eingeleitet im Zusammenhang mit der Dissertation von Franziska Giffey zum Thema „Europas Weg zum Bürger – Die Politik der Europäischen Kommission zur Beteiligung der Zivilgesellschaft“. Im Oktober 2019 beschloss das Präsidium, Franziska Giffey für das in der Dissertation festgestellte wissenschaftliche Fehlverhalten eine Rüge zu erteilen. Es folgte dabei dem Vorschlag des ersten Prüfgremiums. (https://www.fu-berlin.de/presse/informationen/fup/2019/fup_19_320-dissertation-franziska-giffey1/).

Am 18. November 2020 hatte die Freie Universität mitgeteilt, dass die Dissertation von Franziska Giffey erneut geprüft werde. Für die Entscheidung wurde insbesondere ein von Prof. Dr. Dr. h. c. Ulrich Battis erstelltes Gutachten herangezogen, das die Freie Universität in Auftrag gegeben hatte. Gegenstand des Gutachtens war die Zulässigkeit des Instruments der Rüge in Plagiatsverfahren (https://www.fu-berlin.de/presse/informationen/fup/2020/fup_20_210_battis-gutachten-instrument-ruege/2020-11-04-BerlHG-Gutachten-Battis.pdf). Berücksichtigt wurde auch die gutachterliche Stellungnahme des wissenschaftlichen Parlamentsdienstes vom 31. Juli 2020 (https://www.parlament-berlin.de/C1257B55002B290D/vwContentByKey/W2BSGCZQ428WEBSDE/$File/200731_Gutachten-Entzug-Doktortitel.pdf). In die Bewertung floss ferner das Gutachten von Prof. Dr. Klaus Gärditz vom 27. Oktober 2020 ein (https://www.cdu-fraktion.berlin.de/image/inhalte/file/G%C3%A4rditz-Gutachten-Rechtssache-Giffey%20(27_10_2020).pdf). Für die Überprüfung gemäß § 34 Abs. 7 und 8 des Berliner Hochschulgesetzes wurde im Januar 2021 durch den zuständigen Promotionsausschuss des Fachbereichs Politik- und Sozialwissenschaften erneut ein Gremium eingesetzt.

Weitere Informationen

Nähere Informationen zum Prüfverfahren, zu den Berichten des ersten und des zweiten Prüfgremiums sowie zu wichtigen Fragen und Antworten:

www.fu-berlin.de/presse/pruefverfahren-giffey

Kontakt

Pressestelle der Freien Universität Berlin, Telefon: 030 / 838-73180, E-Mail: presse@fu-berlin.de