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Archäologenteam wird bei Grabungen zu Deutschlands ältester Moschee fündig

Teile der Holzkuppel und Scherben der Moschee-Fenster entdeckt

Nr. 255/2015 vom 31.08.2015

Archäologinnen und Archäologen der Freien Universität Berlin haben in Kooperation mit dem Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege und dem Archäologischen Landesmuseum sowie der Firma ABD Dressler bei Grabungen im etwa 40 Kilometer südlich von Berlin liegenden Wünsdorf Überreste der ältesten Moschee in Deutschland gefunden. Das Team um die Professoren Reinhard Bernbeck und Susan Pollock entdeckte Verspannungsdrähte und Eisenbolzen der Holzkuppel sowie grüne und blaue Glasscherben der Moschee-Fenster. Außerdem konnten sie den Standort des vor etwa 100 Jahren eingeweihten Gotteshauses ermitteln. Ausgegraben wurde der südliche Vorbau der Moschee, zu dem auch das Minarett gehörte. Auf dem Gelände, derzeit ein Parkplatz, befanden sich auch der Betsaal und der nördliche Moschee-Vorhof; gegraben wird dort nicht. Insgesamt sind nur wenige Reste des Baus erhalten, weil das Areal in den auf den Abriss der Moschee folgenden Jahrzehnten stark umgeformt wurde. Es entstanden dort militärische Anlagen erst der Nationalsozialisten und später der sowjetischen Armee. Das sogenannte Halbmondlager war speziell für Kriegsgefangene islamischen Glaubens im Ersten Weltkrieg eingerichtet worden. Dort sollten diese indoktriniert und zum Kampf gegen ihre Kolonialherren Frankreich und England sowie das zaristische Russland bewegt werden. Gleichzeitig wurden sie als „exotische wissenschaftliche Objekte“ missbraucht und gemäß rassistischen Lehren ethnologisch untersucht.

„Eine detaillierte Zeichnung mit der Baubeschreibung aus dem Jahr 1916 hat uns die mehrere Wochen andauernde Grabungsarbeit sehr erleichtert“, sagt Reinhard Bernbeck. Das Archäologie-Team wurde in etwa einem Meter Tiefe fündig. Auf dem klar erkennbaren Boden rund um die frühere Moschee lagen Einzelobjekte. „Wir können daran sehen, dass die Moschee systematisch demontiert wurde“, erläutert der Archäologe. „Brauchbare Teile aus Eisen und Holz sowie die sogenannten Rathenower Ziegel – der Bodenbelag – wurden weiterverwendet.“ Die zurückgelassenen unbrauchbaren Bruchziegel und Eisenstücke erlauben dennoch Einsichten in die materiellen Aspekte des Baus. Außerdem fand das Grabungsteam zahlreiche Zeugnisse aus der sowjetischen Besatzungszeit, etwa Panzerteile, Reste von Mahlzeiten, Einweckgläser und Bierflaschen.

Anlass der Untersuchungen waren Planungen des Landes Brandenburg, auf dem Gelände der ehemaligen Moschee und der Kasernen in den kommenden Wochen Container für Flüchtlinge aufstellen.

Pressefotos

Die folgenden vier Fotos stehen Medienvertretern zum Download zur Verfügung und können im Kontext der Pressemitteilung und unter Nennung der Quelle „Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landemuseum/Prof. Dr. Susan Pollock, Freie Universität Berlin“ honorarfrei verwendet werden.

Tordierter Verspannungsdraht und Nägel vom Moscheebau.

Oberfläche südwestlich der Moschee (grau) mit Verspannungsteilen aus Eisen aus der ehemaligen Moscheekuppel.

Ausgrabungsschnitt in der Nähe einer Baracke des „Halbmondlagers“; Schichten aus der Zeit der sowjetischen Nutzung des Areals.

Schnitt durch eine Fundamentgrube der Moschee, die mit Betonplattenstücken gefüllt wurde.

Die folgenden zwei Fotos stehen Medienvertretern zum Download zur Verfügung und können im Kontext der Pressemitteilung und unter Nennung der Quelle „Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum“ honorarfrei verwendet werden.

Betonsockel einer Panzerhalle aus der NS-Zeit mit älteren Gruben.

Freilegen des Bodens rund um den Moscheebau. Im Vordergrund Fundamente einer Panzerhalle aus der NS-Zeit.

Weitere Informationen

Prof. Dr. Reinhard Bernbeck, Institut für Vorderasiatische Archäologie der Freien Universität Berlin, Telefon: 0157 / 87295964, E-Mail: reinhard.bernbeck@fu-berlin.de

Im Internet

Weitere Informationen zur Geschichte der Moschee in der Pressemitteilung zum Grabungsvorhaben vom 13. Juli 2015