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Zentrum für Historische Forschung Berlin der Polnischen Akademie der Wissenschaften eröffnet

Mit einer feierlichen Zeremonie ist am Donnerstag das neue Zentrum für Historische Forschung Berlin der Polnischen Akademie der Wissenschaften offiziell eröffnet worden

Nr. 263/2006 vom 23.11.2006

Aufgabe der Einrichtung ist es, historische und aktuelle Fragen der deutsch-polnischen Beziehungen im europäischen Kontext zu erforschen und die Kontakte zwischen beiden Staaten zu intensivieren. Die am 11. Oktober 2006 gegründete Institution ist ähnlich wie das Deutsche Historische Institut Warschau aufgebaut. Gründungsdirektor ist der Historiker Prof. Dr. Robert Traba, der im Rahmen der Feierstunde zum Honorarprofessor der Freien Universität Berlin ernannt wurde. An der Veranstaltung in der Freien Universität Berlin nahmen als Ehrengäste Altbundespräsident Dr. Richard von Weizsäcker und der frühere polnische Außenminister Prof. Dr. Władysław Bartoszewski teil.

Ferner anwesend waren die Unterstaatssekretärin in der Kanzlei des polnischen Staatspräsidenten, Lena Dąbkowska-Cichocka, der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Georg Boomgaarden, der Unterstaatssekretär im polnischen Forschungsministerium, Prof. Dr. Krzysztof Jan Kurzydłowski, der polnische Botschafter in Deutschland, Dr. Marek Prawda, sowie Prof. Dr. Andrzej B. Legocki, Präsident der Polnischen Akademie der Wissenschaften.

Altbundespräsident von Weizsäcker erklärte: „Wer keine Erinnerung hat, der verliert die Orientierung für die Zukunft. Und das war eine Aufgabe, die wir Deutschen im Jahr 1985 unter uns, und nicht mit den Verbündeten, erfüllen mussten. Heute haben wir die Aufgabe, das historische Gedächtnis auch des anderen Teils Europas besser zu verstehen, es anzuerkennen und uns in diesem Verständnis und in dieser Anerkennung gemeinsam der mit dem Jahr 1945 verbundenen Erinnerungsaufgabe zuzuwenden.“

Der frühere polnische Außenminister Bartoszewski betonte: „Die Historiker könnten die Schuld einzelner Politiker messen und verspätete Varianten dafür suchen, welche 1939 den Frieden hätten retten können. Trotzdem war der unmittelbare Anlass des Kriegs die aggressive Nazi-Ideologie, deren Durchsetzung die Absprache zwischen Hitler und Stalin ermöglichte. Polen hat seine politische Souveränität wiedererlangt. Es gelangte auch zu seiner geistigen Souveränität. Ihr Maß ist das Gefühl der moralischen Verantwortung für die ganze Geschichte. Als Volk, das vom Krieg besonders heimgesucht wurde, haben wir die Tragödie der Zwangsumsiedlung kennengelernt und somit die damit verbundenen Gewalttaten und Verbrechen. Wir erinnern uns daran, dass davon auch unzählige Menschen der deutschen Bevölkerung betroffen waren und dass zu den Tätern auch die Polen gehörten.“

Der Erste Vizepräsident der Freien Universität, Prof. Dr. Klaus Hempfer betonte, die Freie Universität Berlin begrüße nachdrücklich die Gründung des Zentrums für Historische Forschung Berlin der Polnischen Akademie der Wissenschaften. Für das Osteuropa-Institut und das Zentrum für Regionalstudien der Freien Universität eröffneten sich dadurch neue Möglichkeiten zu einer wesentlichen Intensivierung der bereits langjährigen Forschungskooperation mit Polen. „Besonders erfreut ist das Präsidium der Freien Universität darüber, mit Professor Traba einen herausragenden polnischen Historiker der jüngeren Generation als Honorarprofessor gewonnen zu haben.“

Der Gründungsdirektor des Zentrums, Robert Traba, unterstrich: „Im heutigen Europa wird der kulturelle Raum des Dialogs vor allem durch das Verhältnis zur eigenen nationalen Erinnerung und den Prozess des Verstehens der Erinnerung ‚anderer’, insbesondere unserer Nachbarn, definiert. Diese inneren Dialoge der Erinnerung sind schwierig, und nicht selten werden sie zu Monologen, die mit dem Ziel der Erreichung kurzsichtiger politischer Ziele geführt werden. Der eigentliche Sinn eines solchen bilateralen Dialogs beruht auf dem Verlassen des Kreises der eigenen Tragödie und einer kritischen Selbstreflexion der eigenen kollektiven Erfahrungen. Das Wesen der europäischen Erinnerung, auch der Erinnerung der Polen und der Deutschen, soll – meiner Meinung nach – auf einer Mehrdeutigkeit der Gedächtnisse und nicht auf Eindeutigkeiten beruhen.“

Prof. Dr. Gertrud Pickhan vom Osteuropa-Institut der Freien Universität Berlin bezeichnete das neue Zentrum als großen Gewinn für die deutsch-polnische Wissenschaftskooperation. Die Berufung von Professor Dr. Robert Traba zu dessen Gründungsdirektor sei ein Glücksfall, denn dieser habe sich wie kaum ein anderer um die Kulturbeziehungen zwischen den beiden Staaten verdient gemacht. Die Freie Universität werde mit dem Zentrum eng kooperieren.

Weitere Informationen

  • Elisabeth Ritter, Zentrum für Historische Forschung Berlin der Polnischen Akademie der Wissenschaften, Tel.: 0179 / 14 60 565; 030 / 48628542, E-Mail: ritter@panberlin.de
  • Carsten Wette, Freie Universität Berlin, Tel.: 030 / 838-73189, E-Mail: wette@zedat.fu-berlin.de