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Thomas Risse erhält Max-Planck-Forschungspreis

Berlin, 26.11.2003

Gewaltmonopole lösen sich auf

Max-Planck-Forschungspreis für den Politologen Thomas Risse


Thomas Risse
Foto: Dahl

Professor Thomas Risse, der Leiter des Center for Transatlantic Foreign and Security Policy Studies am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität, erhielt am 26. November den mit 125.000 Euro dotierten Max-Planck-Forschungspreis für internationale Kooperation 2003. Damit ehrt ihn die Max-Planck-Gesellschaft für seine herausragenden internationalen Bemühungen und Forschungskooperationen. Das Preisgeld will Professor Risse für ein weiteres internationales Kooperationsprojekt verwenden. Dabei geht es um die Erforschung der Möglichkeiten des Regierens – neudeutsch „Governance“ – in Räumen begrenzter Staatlichkeit. Das Projekt ist eine Zusammenarbeit mit Stephen Krasner vom Center on Democracy, Development, and the Rule of Law der Stanford University in Kalifornien.

 

 


Addis Abeba
Foto: HS

Bis ins 20. Jahrhundert konnte man sagen, dass im Inneren von Staaten eine hierarchische Ordnung, zwischen Staaten eine anarchische Unordnung herrschte. Doch dieses Verhältnis hat sich schon heute teilweise umgekehrt. Denn erstens sind die internationalen Beziehungen auf vielfältige Weise durch internationale Regime und Abkommen geregelt. Zweitens nehmen außerhalb der OECD-Welt die politischen Räume zu, in denen klassische Staatlichkeit im Sinne eines Gewaltmonopols, sowie ein Mindestmaß and Rechtssicherheit nicht mehr, oder nur begrenzt gegeben sind. Die zentrale Ausgangsthese des Forschungsprojekts lautet, dass sich Politik im 21. Jahrhundert jenseits der OECD-Welt zunehmend auf solche Räume begrenzter Staatlichkeit einstellen muss. Das gilt für das internationale System, als auch im Inneren vieler Länder. Staaten, in denen solche Probleme schon heute auftauchen, so genannte „failing states“ finden sich vermehrt im Afrika südlich der Sahara, im Nahen Osten und in Südamerika. Es sind Länder, die die Kontrolle über ihre Territorien an lokale Warlords und Rebellentruppen verloren haben. So kam es beispielsweise, dass Angola eine private südafrikanische Firma anheuerte, um mit den Rebellen im Norden des Landes fertig zu werden und die Ölquellen und Diamantenminen zu schützen. Private Firmen verfolgen aber in erster Linie ihre eigenen Gewinninteressen, der Schutz der Bürger wird somit zweitrangig.

Doch wie und unter welchen Bedingungen kann in solchen Ländern regiert werden? Wie lassen sich politische Probleme hier lösen? Welche neuen Formen der Governance unter Einbeziehung von nicht-staatlichen Akteuren (Unternehmen, Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs)) bilden sich heraus? Wie sind solche Regierungsformen hinsichtlich der Legitimität und Problemlösungsfähigkeit zu beurteilen? Dies sind nur einige der zentralen Fragen, mit denen sich Thomas Risse und Stephen Krasner in den folgenden Jahren beschäftigen wollen. Außerdem sind an der Forschungskooperation das Institute d´Etudes Politiques in Paris und die Oxford University beteiligt.

Isabel Pasch