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Interview mit Hélène Sostarich-Barsamian

Berlin, 04.06.2003

Amerikanische FU-Alumni engagieren sich für ihre Alma mater

Interview mit Hélène Sostarich-Barsamian über die Aktivitäten der Freien Universität in den USA


Hélène Sostarich-Barsamian
Foto: Karsten Klähn

Im Januar 2003 wurde in den Vereinigten Staaten der Freundeskreis der Freien Universität Berlin gegründet. Welche Ziele der in New York ansässige Verein verfolgt, erklärt die geschäftsführende Direktorin, Hélène Sostarich-Barsamian, in einem Gespräch mit Ilka Seer.

 

Frau Barsamian, was ist die Mission des Freundeskreises?

Wir sind bemüht, alle Ehemaligen der Freien Universität in Nordamerika aufzuspüren, sie bekannt zu machen und mit ihrer alten Uni in Kontakt zu bringen. Dafür organisieren wir Events an verschiedenen Orten Nordamerikas und einmal im Jahr eine nationale Veranstaltung. Außerdem wollen die Freunde die FU unterstützen. Deshalb bin ich gerade in Berlin. Erst wenn ich weiß, was die Freie Universität braucht, kann ich an unsere Freunde und potentiellen Sponsoren herantreten.

Wie viele amerikanische Ehemalige waren vor Gründung des Freundeskreises registriert?

Uns waren 500 Namen und Adressen in den USA bekannt. Insgesamt gibt es dort an die 3000 Alumni.

Und wie finden Sie die restlichen 2500?

Zum Teil über die bislang Registrierten. Viele ehemalige Studierende und Dozenten kommen über unsere Homepage. Auch das Internet ist eine gute Quelle, um Ehemalige aufzuspüren.

Wie gewinnen Sie Freunde?

Wir beteiligen uns an verschiedenen Veranstaltungen. Beispielsweise hat die Zeit-Foundation uns zu einer ihrer Veranstaltungen eingeladen. Dort lernten wir Unternehmens-Repräsentanten kennen, die sich engagieren wollen. Die Namen werden in unserer Adressdatenbank gespeichert und wenn wir Gesprächsbedarf haben, wählen wir die entsprechenden Ansprechpartner aus. Am Ende funktioniert es nach dem Schneeballsystem.

Ist es Ihnen gelungen, berühmte Persönlichkeiten für den Freundeskreis zu gewinnen?

Ja. Zum Beispiel der Vizepräsident und CFO von Schering/Berlin in Amerika, Wolfgang Kunze, war sehr interessiert an unserem Freundeskreis. In seiner Firma gibt es mehrere Ehemalige der FU. Schering unterstützt auch den DAAD. Unser großes Ziel ist es, Ted Kennedy für den Vorstand zu gewinnen. Der Name Kennedy ist eng mit der FU verbunden, da sowohl John als auch Robert diese Uni besucht haben.

In den USA spenden Firmen viel häufiger Geld als in Deutschland. Wieso ist das so?

Das hängt mit der unterschiedlichen Gesetzgebung zusammen und liegt an der Einstellung der amerikanischen Gesellschaft. Wir leben in einer Gesellschaft mit einer privaten sozialen Verantwortung. Natürlich erwartet man auch eine Anerkennung und diese erhält man über Steuernachlässe. Es gab mal eine Statistik, aus der hervorging, dass erheblich mehr Geld von weniger Firmen in den Staaten gespendet wurde als in Deutschland. Der Grund war das Steuergesetz.

Wie sehen diese Steuernachlässe aus?

Im vierten Quartal eines Jahres erstellen die Firmen ihre Bilanzen. Je nach Höhe des Profits wird ein bestimmter Prozentsatz für soziale Zwecke gespendet. Die Steuernachlässe, die die Firmen bekommen, fallen wesentlich höher aus als die, die deutsche Firmen für denselben Zweck erhalten. In Amerika gibt es die maximalen Steuererlässe von 32.000 Euro wie in Deutschland nicht.

Wie überzeugen Sie die Amerikaner, dass sie sich für die Freie Universität verantwortlich fühlen?

Die Tage hier an der FU habe ich genutzt, um mit Verantwortlichen zu sprechen: mit dem Präsidium, dem Bibliotheksleiter, einem Mitarbeiter der Bauabteilung, Dekanen, aber auch den Organisatoren von Austauschprogrammen und der Sommeruniversität. Dabei habe ich erfahren, welche Projekte und Programme dringende Hilfe benötigen. Für einige davon werden sich amerikanische Firmen interessieren. Im Rahmen der Globalisierung will Amerika sich öffnen.

Wie bekannt ist die FU in Amerika?

In der akademischen Welt ist sie auf jeden Fall bekannt. Firmen, die in engem Kontakt mit Akademikern stehen, kennen sie meistens auch. Es ist eine Herausforderung für uns, auch anderen Firmen zu zeigen, wie sie von der FU profitieren können.

Inwieweit beeinflussen politische Diskrepanzen zwischen Amerika und Deutschland Ihre Arbeit?

Derzeit scheinen sich ja die beiden Staatshäupter nach den Irak-Meinungsverschiedenheiten langsam wieder näher zu kommen. Außerdem handelt es sich bei unserer Arbeit nicht um eine politische, sondern um eine soziale. Und auf diesem Level habe ich keinen Unmut gegenüber Deutschland oder deutschen Universitäten zu spüren bekommen.

Welches sind die großen Projekte, die Sie mit dem Freundeskreis verfolgen?

Ein brennendes Thema ist der Henry-Ford-Bau. Er wurde von amerikanischen Geldern als Vorzeigestück für die FU erbaut. Wir werden mit der Ford-Foundation in Kontakt treten und sie davon zu überzeugen versuchen, dass sie der Freien Universität nochmal etwas Gutes tun sollten. Es liegen uns aber auch Projekte wie die Dahlem Konferenzen am Herzen, die zweimal im Jahr stattfinden. Wir würden gerne so viel Geld eintreiben, dass erstmal die nächsten zwei Konferenzen finanziell gedeckt sind. Langfristig aber wollen wir eine Stiftung dafür einrichten.

Und das John-F.-Kennedy-Institut?

Das JFK ist ein dankbares Projekt, denn die enge Verbindung zwischen dem Institut und Amerika erkennt man schon an dem legendären Namen. Je mehr wir amerikanische Firmen auf die langjährigen Beziehungen der FU mit Nordamerika aufmerksam machen, desto einfacher wird es sein, Gelder oder Unterstützung anderer Art einzutreiben.

Was interessiert Sie am meisten an der Arbeit?

Es ist eine persönliche Herausforderung, den Freundeskreis in Amerika zu etablieren. Ich habe immer mit Universitäten zu tun gehabt. In meinem letzten Job habe ich als „Assistant Dean for Administrative Affairs“ an der John C. Whitehead School for Diplomacy and International Relations gearbeitet. Und weil ich früher selbst auch Akademikerin war, kenne ich beide Seiten: die verwaltungstechnische, die weiß, dass finanzielle Unterstützung benötigt wird, und die wissenschaftliche. Von beiden Erfahrungen zehre ich nun.

Sie sind in Rumänien aufgewachsen und zum Studium in die USA gegangen. Hilft Ihnen Ihre europäische Abstammung?

Ja, ich glaube, als Verbindungsglied zwischen einer deutschen Universität und der amerikanischen Gesellschaft ist das von Vorteil. Alleine die Tatsache, dass ich mehrere Sprachen spreche, hilft bei einem solchen Job. Und weil ich fast dreißig Jahre in Amerika lebe, denke ich auch amerikanisch – eine typisch amerikanische Denkweise gibt es nämlich wirklich.

Das Büro des Freundeskreises liegt im German House am United Nations Plaza in Manhattan.

Das ist ein großer Vorteil. Alle Institutionen, die mit Deutschland zusammenhängen, sitzen in dem Haus: das deutsche Konsulat, die deutsche UN-Botschaft oder der DAAD. Durch diese Nähe begegnet man ständig irgendjemandem. Manchmal treffe ich zum Beispiel den Konsul, der ein FU-Alumnus ist. Man spürt in diesem Haus eine Zusammengehörigkeit. Auch das German Information Center hat seinen Sitz in dem Gebäude, dem die Amerikaner den Spitznamen „Reichstower“ gegeben haben. Dieser Kontakt ist für uns fruchtbar, denn sie sind immer informiert über das, was in New York oder woanders in den Staaten passiert. Wir haben auch schon gemeinsame Veranstaltungen durchgeführt und dadurch unseren Kontaktkreis erweitert.

Welche denn?

Gemeinsam mit der Deutsch-Amerikanischen Handelskammer und der German Society of Pennsylvania haben wir für den Regierenden Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, einen Empfang in Philadelphia gegeben. Nicht nur als Alumnus begrüßte er die Gründung des Freundeskreises und als ich ihn hier in Berlin traf, versprach er uns seine aktive Unterstützung.