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Ein Stück Zeitgeschichte aus buntem Blech

Alumnus vermacht seine Sammlung nordamerikanischer Pkw-Nummernschilder dem John-F.-Kennedy-Institut

18.10.2013

Bevor er in seine neue Heimat Washington auswandert, möchte Uli Finkenbusch sich noch von seiner Sammlung, bestehend aus über 200 Autonummernschildern aus Kanada und den USA, verabschieden.

Bevor er in seine neue Heimat Washington auswandert, möchte Uli Finkenbusch sich noch von seiner Sammlung, bestehend aus über 200 Autonummernschildern aus Kanada und den USA, verabschieden.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Die Bilder auf den Kennzeichen haben häufig einen Bezug zur Geschichte des jeweiligen Bundesstaats. Der Goldschürfer auf dem Schild des kanadischen Yukon etwa steht für den Goldrausch am Klondike River Ende des 19. Jahrhunderts.

Die Bilder auf den Kennzeichen haben häufig einen Bezug zur Geschichte des jeweiligen Bundesstaats. Der Goldschürfer auf dem Schild des kanadischen Yukon etwa steht für den Goldrausch am Klondike River Ende des 19. Jahrhunderts.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Uli Finkenbusch (li.) erklärt Irwin Collier, Leiter des John-F.-Kennedy-Instituts und Wirtschaftsprofessor, die Bedeutung eines Schildes aus dem US-Bundesstaat Iowa. "Wir sind über das Geschenk hocherfreut", sagt Collier.

Uli Finkenbusch (li.) erklärt Irwin Collier, Leiter des John-F.-Kennedy-Instituts und Wirtschaftsprofessor, die Bedeutung eines Schildes aus dem US-Bundesstaat Iowa. "Wir sind über das Geschenk hocherfreut", sagt Collier.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Mehr als 200 Nummernschilder aus Kanada und den USA hat Uli Finkenbusch, Alumnus der Freien Universität, vor 18 Jahren während einer viermonatigen Reise durch Nordamerika gesammelt. Nun wandert der gebürtige Emsländer in die Heimat seiner amerikanischen Frau aus – und hinterlässt seine Schildersammlung dem John-F.-Kennedy-Institut der Freien Universität. Dort wird sie in einem Seminarraum ausgestellt.

Auf den ersten Blick ähneln sich die Schilder: rechteckige Blechplaketten, mit Ziffern und Buchstaben versehen. Doch schon bei der Farbgebung beginnen die Unterschiede – und je weiter der Betrachter ins Detail geht, desto deutlicher wird der Unikatcharakter jeder Plakette. „Diese stammen zum Beispiel alle aus Illinois“, erklärt Sammler Uli Finkenbusch und zeigt auf eine Reihe von Schildern, die sich durch die Farbe und die eingeprägte Jahreszahl unterscheiden. „In vielen Bundesstaaten bekamen die Autobesitzer bis in die 1970er Jahre jedes Jahr ein neues Nummernschild, wenn sie die KFZ-Versicherung und -Steuer bezahlt hatten, immer in einer anderen Farbe. So konnten Verkehrspolizisten auf den ersten Blick erkennen, ob das jeweilige Auto versichert war. Ein ähnliches Prinzip gilt in Deutschland für die Vergabe der TÜV-Plaketten.“

In Amerika habe sich dieses Verfahren – trotz der vielen bunten Schilder – jedoch als ineffizient erwiesen, sagt Finkenbusch. „Heute bleiben die Schilder für mehrere Jahre am Wagen, und es gibt nur noch kleine Aufkleber für Steuer und Versicherung.“

Nordamerikareise löste Sammelleidenschaft aus

Das ist nur eine der zahlreichen Geschichten, die Uli Finkenbusch, Jahrgang 1973, zu jedem Stück erzählen kann. Seine Sammelleidenschaft begann 1995, als er vor Beginn seines Studiums vier Monate lang durch die USA und Kanada reiste. „Ich kannte vorher schon Fotos von Nummernschild-Sammlungen und fand die Vielfalt faszinierend“, erzählt der Politikwissenschaftler. „Mit meiner Reise ergab sich die Gelegenheit, selbst eine Sammlung aufzubauen, und so nahm ich mir vor, aus jedem Staat mindestens ein Nummernschild mitzunehmen.“ Dieses ehrgeizige Ziel hat Finkenbusch zwar nicht erreicht – ihm fehlen Schilder aus den US-Staaten Kentucky und West Virginia sowie die kanadischen Bezirke Newfoundland und Labrador. Doch auf Schrottplätzen fand er zahlreiche interessante Autoplaketten, die er während seiner Reise häppchenweise – immer 30 bis 40 Stück pro Paket – in seine Heimat schickte.

„Als ich wieder in Deutschland ankam, habe ich die Schilder erst einmal in der Badewanne geschrubbt, denn einige waren ziemlich verschmutzt. Anschließend machte ich mich an die Kleinarbeit: das Durchbohren und Auffädeln der Schilder.“ Zunächst schmückte die so entstandene Collage Finkenbuschs Studentenbude. Nach Abschluss seines Studiums am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität im Jahr 2002 hängte Finkenbusch die Sammlung in seinem Büro im Bundestag auf, wo er von 2009 an bis zu seinem Umzug in die Vereinigten Staaten als Referent für Außenpolitik tätig war. „Die Sammlung war immer ein Blickfang“, sagt Finkenbusch, „und ein guter Eisbrecher bei Treffen mit internationalen Gesprächspartnern.“

Die vielen Facetten der Nummernschilder

Die amerikanischen Nummernschilder heben sich von ihren deutschen „Artgenossen“ deutlich ab. Sie sind farbenfroh, zeigen neben Buchstaben und Ziffern auch kleine Bilder oder werben für den jeweiligen Bundesstaat. Kennzeichen aus Arizona beispielsweise enthalten das Motto „Grand Canyon State“, Schilder aus South Dakota spielen mit dem Slogan „Great Faces, Great Places“ auf die monumentale, in den Mount Rushmore gehauene Porträtkette an, die die Köpfe der vier US-Präsidenten George Washington, Thomas Jefferson, Theodore Roosevelt und Abraham Lincoln zeigt. Und die Form der Autonummernschilder aus den Territorien im Nordwesten Kanadas sind der Silhouette eines Eisbären nachempfunden.

Die Bilder orientierten sich häufig an der Geschichte oder am Charakter des jeweiligen Bundesstaats, sagt Finkenbusch, sie seien sehr fantasievoll und zuweilen auch ironisierend, etwa New Hampshires Slogan „Live free or die“. Auf den Ausstellungsexemplaren finden sich außerdem vereinfachte Darstellungen von Goldschürfern, von Rodeo-Reitern und Kakteen. „Manche Schilder sind auch Teil einer Reihe – etwa zu regionalen Vogelarten oder zu Umwelt- und Sicherheitshinweisen“, sagt Uli Finkenbusch.

„Ein öffentlicher Ort mit Nordamerika-Bezug“

Sich nun von seiner Sammlung zu trennen, fällt ihm nicht leicht, doch ist das John-F.-Kennedy-Institut für Nordamerikastudien seiner Meinung nach der passende Ort. „Ich wollte nicht, dass die Sammlung in einem Keller verstaubt, sondern dass sie gesehen wird“, sagt er. „Außerdem sollte der Ort einen Bezug zu Nordamerika haben – und das ist bekanntlich das Kernthema dieses Instituts. Während meines Studiums habe ich hier Seminare besucht, deshalb gibt es auch eine persönlichen Verbindung.“ Institutsleiter und Wirtschaftsprofessor Irwin Collier ist über das Geschenk hocherfreut: „Für uns kam dieses großzügige Angebot genau richtig. Anlässlich des 50-jährigen Institutsjubiläums wurde das Gebäude renoviert und der Seminarraum, in dem die Sammlung nun hängt, ist erst vor Kurzem ausgebaut worden. Hier finden nun sowohl Seminare als auch Empfänge statt. Die Sammlung wird also von sehr vielen Studierenden und Gästen gesehen werden.“

Eine weitere Sammelleidenschaft Finkenbuschs sind selbstgebaute Modellflugzeuge: „Doch die nehme ich mit nach Washington.“ Und auch die Schilder will er trotz räumlicher Distanz im Blick behalten: „Wenn ich Schilder aus den noch fehlenden Staaten auftreiben kann, schicke ich sie auf jeden Fall nach Berlin. Vielleicht kann ich meine Sammlung im John-F.-Kennedy-Institut vollenden.“