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Mikrofinanzen – Makrowirkung?

Studenten stellen Mikrofinanzdienstleistungen auf eine harte Probe

19.07.2010

Professor Manfred Nitsch von der Freien Universität Berlin steht Studierenden Rede und Antwort über die Wirkungsweise von Mikrofinanzinstitutionen

Professor Manfred Nitsch von der Freien Universität Berlin steht Studierenden Rede und Antwort über die Wirkungsweise von Mikrofinanzinstitutionen
Bildquelle: University Meets Microfinance

Katja Kirchstein, wissenschaftliche Koordinatorin von „University Meets Microfinance“ an der Freien Universität Berlin, erklärt die mögliche Wirkung von Mikrofinanzdienstleistungen.

Katja Kirchstein, wissenschaftliche Koordinatorin von „University Meets Microfinance“ an der Freien Universität Berlin, erklärt die mögliche Wirkung von Mikrofinanzdienstleistungen.
Bildquelle: University Meets Microfinance

Mikrofinanzen sind ein hoch gelobtes Instrument im Kampf gegen die Armut in der Welt. Mit dem schnellen Wachstum des Mikrofinanzsektors wurden jedoch auch zunehmend kritische Stimmen laut: Skeptiker bezweifeln, dass der Zugang zu Finanzdienstleistungen tatsächlich einen positiven Einfluss auf Einkommen und Wohlstand hat und fordern Beweise. Andere mahnen, dass mit dem verstärkten Fokus auf Profitabilität Mikrofinanzinstitutionen ihre ursprüngliche soziale Mission aus den Augen verlören.

Über jüngste Entwicklungen im Mikrofinanzsektor diskutierten beim Workshop „University Meets Microfinance @ Leibniz Universität Hannover“ am 17. und 18. Juni über 80 Teilnehmer aus 20 Ländern von über 30 europäischen Universitäten.

Während des zweitägigen Workshops berichteten Experten und Expertinnen aus Forschung und Praxis von ihren Erfahrungen und stellten konkrete Instrumente vor, mit deren Hilfe Mikrofinanzinstitutionen ihre soziale Leistungsfähigkeit (Social Performance) messen und verbessern können.

Managementstrategien zur Steigerung der "Social Performance" zielen darauf ab, die soziale Mission von Mikrofinanzdienstleistern klar zu definieren, die Produkte und Dienstleistungen daraufhin anzupassen und Messinstrumente zu entwickeln, um das Erreichen der sozialen Ziele verfolgen zu können.

Master- und PhD-Studierende präsentierten zudem ihre Forschungsansätze zu Wirkungsstudien, die beantworten sollten, ob die möglichen positiven Auswirkungen auf die Kunden tatsächlich dem Mikrofinanzprogramm zuzuschreiben sind oder ob Mikrofinanzen überhaupt Einfluss auf die Lebensverhältnisse armer Menschen haben. Viele von ihnen hatten ausgiebige Feldstudien in Ländern wie Usbekistan, Ecuador, Bangladesh oder Ägypten hinter sich und konnten so von ganz unterschiedlichen Erfahrungen berichten.

Der Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis ist von höchster Bedeutung

„Dialog und Austausch zwischen Forschung und Praxis ist im Mikrofinanzsektor von höchster Bedeutung, da beide Seiten voneinander lernen und sich gegenseitig ergänzen können. Zurzeit jedoch besteht ein erschreckender Mangel an Verständnis für die Arbeit des anderen.“, sagt Alexandra Steiner, eine Masterstudentin der Universität Bergamo.

Vor ihrem Master hat Alexandra für eine Mikrofinanzbank in Ägypten gearbeitet, daher kennt sie beide Perspektiven: „Der Workshop hat einen Dialog zwischen Studierenden und Experten aus dem Feld und der Forschung ermöglicht, der dringend für die zukünftige Entwicklung des Mikrofinanzsektors von Nöten ist. Ich habe so viele interessante Menschen mit den unterschiedlichsten Hintergründen kennengelernt. Diese zwei Tage waren unglaublich bereichernd.“

Auch Robin Gravesteijn von Oikocredit, einer der größten privaten Financiers im Mikrofinanzsektor, war begeistert: “Unterschiedlichste Perspektiven kamen hier aus Bereichen wie Entwicklungszusammenarbeit, Wirtschaft, Anthropologie und anderen Sozialwissenschaften zusammen.“

„Wenn man den ganzen Tag über nur an theoretischen Methoden arbeitet, verliert man manchmal aus den Augen, wie es tatsächlich in der Praxis zugeht, fügte ein anderer PhD-Student hinzu. Dieser Workshop hat mich wieder auf den Boden der Tatsachen geholt. Ich bin voll neuer Ideen für meine Dissertation.“

Der Workshop wurde von PlaNet Finance, der Freien Universität Berlin – den Initiatoren von „University Meets Microfinance“ – und dem Institute for Money and International Finance der Leibniz Universität Hannover im Vorfeld der Jahrestagung des Ausschusses für Entwicklungsländer des Vereins für Socialpolitik organisiert.