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Erkenntnisreicher Holzweg

Mit ihrer Promotion über den Einfluss von Totholz auf Flachlandflüsse ist Umweltwissenschaftlerin Francesca Pilotto die erste Absolventin des SMART-Programmes

29.04.2015

Francesca Pilotti ist die erste Absolventin des Erasmus-Mundus-Programmes SMART (Science for the Management of Rivers and their Tidal Systems).

Francesca Pilotti ist die erste Absolventin des Erasmus-Mundus-Programmes SMART (Science for the Management of Rivers and their Tidal Systems).
Bildquelle: Nora Lessing

Francesca Pilotto stammt aus dem Nordwesten Italiens, aus einer Region, die übersetzt auch Land der sieben Seen genannt wird. Kein Wunder also, dass sich die Forscherin für Gewässer im Besonderen und die Umwelt im Allgemeinen begeistert: „Die Natur hat mich schon immer fasziniert“, sagt sie. Nach dem Studium an der Universität Insubria kam die Umweltwissenschaftlerin nach Berlin – für ihre Promotion im Rahmen des Erasmus-Mundus-Programmes SMART. Das Kooperationsprogramm Science for the Management of Rivers and their Tidal Systems ist ein gemeinsames Projekt der Freien Universität, der Universität Trento (Italien) und der Queen Mary University London (UK). Für ihre Arbeit hat Francesca Pilotto die Bedeutung von Totholz für die Artenvielfalt in Fließgewässern untersucht.

„Menschen haben großen Einfluss auf das ökologische Gleichgewicht in Flüssen“, erklärt Francesca Pilotto. „Naturbelassene Flüsse haben die Fähigkeit, sich selbst zu reinigen. Schon kleine Eingriffe aber können schwerwiegende Konsequenzen haben.“ Für die darin involvierten ökologischen Wechselwirkungen interessiert sich die Umweltwissenschaftlerin, die sich auf Fließgewässer spezialisiert hat, besonders. „Wirbellose – also kleine Insekten, die in Flüssen leben – spielen eine wichtige Rolle für das ökologische Gleichgewicht“, ergänzt Pilotto. Sie sind es, denen die Italienerin in ihrer Doktorarbeit viel Aufmerksamkeit geschenkt hat.

„Die Insekten fressen Pflanzen und werden selbst von Fischen gefressen. Viele von ihnen reagieren sehr empfindlich auf Eingriffe von außen, also etwa Schadstoffe im Wasser“, sagt die Wissenschaftlerin. Daher könne man am Zustand der Insektenpopulation ablesen, wie es um das gesamte Ökosystem bestellt sei. Bei ihren Untersuchungen stieß die Doktorandin auf einen besonderen Aspekt: „Für diese Insektenpopulationen scheint es besonders wichtig zu sein, ob sich in dem Gewässer Holz befindet oder nicht“, sagt Pilotto.

Betreut durch Wissenschaftler verschiedener Einrichtungen

Um diese Zusammenhänge zu untersuchen, entnahm die Wissenschaftlerin mehrfach Proben aus naturnahen polnischen Flüssen. Beraten und unterstützt wurde sie dabei unter anderem von wissenschaftlichen Betreuern am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin-Friedrichshagen, wo sie die für ihre Doktorarbeit notwendigen Forschungsarbeiten durchführte, sowie von Wissenschaftlern der am interdisziplinären SMART-Programm beteiligten Universitäten: „An der Freien Universität wurde ich von Biologen und Ökologen betreut, in London erhielt ich Unterstützung von den Geografen. Die umfassende Begleitung ist eine bereichernde Erfahrung, weil so komplexe Projekte durchführen lassen“, sagt Pilotto als erste Absolventin des SMART-Programms.

Bei den Untersuchungen bestätigte sich die These der jungen Wissenschaftlerin, nämlich dass in Flüsse gefallene Uferbäume großen Einfluss auf die Insektenpopulation in Flüssen haben: „Meine Forschung zeigt, dass im Wasser liegendes Totholz ein wichtiger Lebensraum für viele Arten ist“, sagt Francesca Pilotto. Stürzten allerdings bei Stürmen Bäume in Gewässer, tendierten Menschen dazu, diese zu entfernen – und griffen damit in bestehende Ökosysteme, klärt Pilotto. Davon rät die Forscherin mit Blick auf ihre Untersuchungsergebnisse ab: „Am besten lässt man alles genau so, wie es ist“, sagt sie.

Weitere Forschung in Schweden

Besonders Begradigungen und Einleitungen von Abwässern hätten viele negative Konsequenzen, sagt die Wissenschaftlerin. „Wenn man weiß, wie die Ökosysteme in Flüssen funktionieren, kann man Vorschläge erarbeiten, wie sie sich am besten schützen lassen“, sagt sie. Möglicherweise könne etwa die gezielte Zugabe von Totholz zu einer Erhöhung der Artenvielfalt beitragen und helfen, in verschmutzten Flüssen wieder ein ökologisches Gleichgewicht herzustellen. Dieser Fragestellung wird Francesca Pilotto nun im Rahmen einer Postdoktoranden-Stelle in Schweden nachgehen.