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Mathe macht meteorologische Phänomene erklärbar

Der Mathematiker Romain Nguyen van yen ist Alexander von Humboldt-Stipendiat an der Freien Universität

30.09.2011

Satellitenaufnahme des Orkans Kyrill, der im Januar 2007 über Europa fegte und dessen Böen Windgeschwindigkeiten bis zu 225 km/h erreichten.

Satellitenaufnahme des Orkans Kyrill, der im Januar 2007 über Europa fegte und dessen Böen Windgeschwindigkeiten bis zu 225 km/h erreichten.
Bildquelle: Deutscher Wetterdienst

Der französische Mathematiker Dr. Romain Nguyen van yen ist Alexander von Humboldt-Forschungsstipendiat an der Freien Universität Berlin.

Der französische Mathematiker Dr. Romain Nguyen van yen ist Alexander von Humboldt-Forschungsstipendiat an der Freien Universität Berlin.
Bildquelle: Privat

Turbulenzen – da denken viele erst einmal an das derzeitige Durcheinander an den Börsen. Oder aber an Turbulenzen aus dem Wetterbericht. Immerhin sorgen diese Luftströmungen regelmäßig für so einiges Hin und Her, nicht nur im Sommer dieses Jahres. Mit derartigen Turbulenzen beschäftigt sich Romain Nguyen van yen. Der 27-jährige Franzose ist Forschungsstipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung und mithilfe dieser renommierten Institution seit März am Institut für Mathematik der Freien Universität Berlin.

Sein Ziel: Turbulenzen aus mathematischer Sicht besser verstehen helfen. Denn auch, wenn die Strömungen seit mehr als 100 Jahren bekannt sind – eine mathematisch gesicherte Theorie zu dem Phänomen als Ganzem gibt es dazu erstaunlicherweise noch nicht.

Meist bekommt Nguyen van yen für seine Arbeit am Fachbereich Mathematik und Informatik von Professor Rupert Klein zuerst einen riesigen Datensatz. Also Zahlen, die in einer turbulenten Strömung gemessen oder aus einer numerischen Simulation einer solchen Strömung extrahiert wurden. Eine seiner Aufgaben ist es, versteckte, sinngebende Strukturen in diesen Daten zu erkennen. Der junge Wissenschaftler hat sich dafür eine eigene Methode ausgedacht, die ein wichtiger Grund für sein Forschungsstipendium war: Er teilt die Zahlen in zwei Gruppen. In die Daten, die große zusammenhängende Wirbelstrukturen – auch kohärente Strukturen genannt – innerhalb der turbulenten Strömung darstellen. Und in solche, die das wenig strukturierte – oder „unkorrelierte“ – Rauschen wiedergeben, das es neben den großen Wirbeln außerdem in solchen Strömungen gibt.

Neuer Ansatz: Das Hinzuziehen moderner mathematischer Instrumente der Informationstheorie

Die Idee einer solchen Aufteilung ist zwar nicht neu, und man findet in der Literatur eine Reihe von Vorschlägen für eine solche Aufteilung in kohärente Strukturen und unkorreliertes Rauschen. Neu an Romain Nguyens van yens Ansatz ist jedoch, moderne mathematische Instrumente der Informationstheorie heranzuziehen, um diese Vorschläge zu bewerten und herauszufinden, welches die effizientesten Lösungswege für die Aufgabe sind.

So möchte Nguyen van yen möglichst präzise herausfinden, welchen Effekt die Gesamtheit des sogenannten Rauschens auf die großen Wirbel hat und wie sich die großen Wirbel als Reaktion auf diese Effekte verhalten. Das könnte für Meteorologen und Bauingenieure gleichermaßen wichtig sein, etwa im Zusammenhang mit der Berechnung des Auftriebs der Tragflügel von Flugzeugen: An diesen formieren sich größere und kleinere Wirbelstrukturen. Wie diese aber die Flugmechanik beeinflussen, kann bislang nur auf der Basis halb-empirisch getragener Lösungsansätze berechnet werden. Noch fehlt dazu ein gesichertes mathematisches Modell.

Von der Physik zur Mathematik

Wie der Stipendiat zu diesem Forschungsfeld kam, ist auch etwas turbulent und nicht gradlinig vorgezeichnet: Geboren in Paris, legte Romain Nguyen van yen seinen Schwerpunkt zunächst auf die Physik. Er besuchte mithilfe eines staatlichen Stipendiums vier Jahre lang die Elite-Hochschule „École Normale Supérieure“ (ENS) in Paris. Der junge Franzose, dessen Name auf seinen aus Vietnam stammenden Großvater zurückgeht, absolvierte in der französischen Hauptstadt neben einem Physikstudium eine Prüfung für Mathelehrer und entschied sich dann für die Aufnahme einer Doktorarbeit.

Forschungsaufenthalt an Freier Universität bündelt bisherige Forschungsfelder

Die verfasste er – ebenfalls unterstützt durch ein Stipendium – über ein Thema aus der Meteorologie. „Schon da habe ich die numerische Berechnung von Turbulenzen für mich entdeckt und die theoretische Forschung begonnen.“ Für Nguyen van yen, der Deutsch als zweite Fremdsprache in der Schule lernte und in einem zweimonatigen Intensivkurs seine Kenntnisse vertiefte, ist das Projekt an der Freien Universität der perfekte Zusammenschluss all seiner bisherigen Forschungsfelder, wie er sagt. Kein Wunder, schließlich bezeichnet er sich selbst als „Physiker, der viel mit Mathematik arbeitet, um unter anderem meteorologische Phänomene erforschen zu können“.