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Mit Diamanten Erdbeben erforschen

Hauke Marquardt hat den Deutschen Studienpreis 2010 im Bereich Natur- und Technikwissenschaften erhalten

24.11.2010

Hauke Marquart simulierte den tiefen Erdmantel im Labor, um Erdbeben weiter zu erforschen.

Hauke Marquart simulierte den tiefen Erdmantel im Labor, um Erdbeben weiter zu erforschen.
Bildquelle: Sabrina Wendling

Der Geowissenschaftler simulierte für seine Promotionsarbeit an der Freien Universität den tiefen Erdmantel im Labor – die Schicht, die den Erdkern umgibt. Seine Forschungsergebnisse lassen Rückschlüsse auf die Ausbreitung von Erdbebenwellen zu und auf die weitgehend unbekannte Temperaturbestimmung im tiefen Erdmantel. Von der Körber-Stiftung ist er dafür am 23. November mit dem Deutschen Studienpreis 2010 im Bereich Natur- und Technikwissenschaften ausgezeichnet worden.

In seinem Labor am GeoForschungsZentrum (GFZ) Potsdam arbeitete Marquardt buchstäblich unter Hochdruck: Der untere Erdmantel befindet sich zwischen 660 und 2900 Kilometern tief unter der Erdoberfläche, in der Mitte des Mantels herrscht ein Druck von etwa 800.000 bar. „Das entspricht dem Druck, den man verspüren würde, wenn man den Eiffelturm auf der Fingerspitze balancieren könnte“, sagt Marquardt. Bis in diese Tiefe hinein reichen auch die tektonischen Platten, deren Bewegungen Auslöser für viele Erdbeben sind.

Simulation des Erdmantels

Um den Erdmantel zu simulieren, wurde ein synthetisch hergestelltes Mineral eingesetzt: Ferroperiklas. Am Bayerischen Geoinstitut der Universität Bayreuth ist der Kristall aus Eisenoxid und Magnesiumoxid hergestellt worden. Das Mineral lässt sich nämlich nicht direkt aus dem Erdmantel ins Labor befördern – obwohl der tiefe Erdmantel zu 25 Prozent daraus besteht. Bis in diese Tiefen hinein hat kein Mensch je gebohrt: „Die tiefsten Bohrungen, die bisher durchgeführt wurden, liegen bei etwa zwölf Kilometern“, sagt Marquardt. Im tiefen Erdmantel herrschten Temperaturen von bis zu 4000 Grad Celsius, was den Zugang unmöglich mache.

Den Kristall unter Druck gesetzt hat Marquardt mit zwei spitz geschliffenen Diamanten. Mit dem Druck ändern Schallwellen ihre Ausbreitungsgeschwindigkeit. Wie in jedem Festkörper gibt es auch in Kristallen Schallwellen, denn sie bestehen aus Atomen. Die Atome sind ständig in Bewegung und lösen damit die Wellen aus. „Schallwellengeschwindigkeiten von Mineralen sind für Geowissenschaftler von besonderem Interesse, weil sie sich mit der Geschwindigkeit von Erdbebenwellen vergleichen lassen“, sagt Marquardt.

Erdbeben-Schallwellen können besser verstanden werden

Die Daten des 30-jährigen Wissenschaftlers bilden eine Grundlage, um die Bewegungen der Erdbeben-Schallwellen besser zu verstehen und damit eines Tages vielleicht auch Erdbeben genauer vorhersagen zu können. Außerdem zeigen die Ergebnisse einen unerwarteten Zusammenhang zwischen der Temperatur, die im tiefen Erdmantel herrscht, und der Ausbreitungsgeschwindigkeit von Erdbebenwellen: „Daraus könnte konzeptionell eine Art Thermometer für den unteren Erdmantel werden, dazu bedarf es aber noch umfangreicher Labordaten und genauer Erdbebenaufzeichnungen.“

Für seine Promotionsarbeit ist Hauke Marquardt am 23. November 2010 als einer von drei jungen Spitzenforschern mit dem Deutschen Studienpreis der Körber-Stiftung ausgezeichnet worden. Die Körber-Stiftung vergibt die mit 30.000 Euro dotierte Auszeichnung für exzellente Dissertationen, die zugleich von besonderer gesellschaftlicher Bedeutung sind.