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„Die Herausforderung nehmen wir gern an“

Präsident Professor Peter-André Alt erläutert das Welcome@FUBerlin-Programm / Informationsveranstaltung am 22. Oktober für Flüchtlinge, die ein Studium planen

19.10.2015

Zu Semesterbeginn waren im Henry-Ford-Bau alle neu an der Freien Universität Studierenden begrüßt worden. Flüchtlinge, die ein Studium an der Freien Universität aufnehmen möchten, sollen sich über das Welcome@FUBerlin-Programm orientieren können.

Zu Semesterbeginn waren im Henry-Ford-Bau alle neu an der Freien Universität Studierenden begrüßt worden. Flüchtlinge, die ein Studium an der Freien Universität aufnehmen möchten, sollen sich über das Welcome@FUBerlin-Programm orientieren können.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Professor Peter-André Alt: „Das Programm ist für uns gewissermaßen ein Versuch zu helfen, mit den Mitteln, die uns zur Verfügung stehen. Es ist eine neue Situation, vor der wir stehen.“

Professor Peter-André Alt: „Das Programm ist für uns gewissermaßen ein Versuch zu helfen, mit den Mitteln, die uns zur Verfügung stehen. Es ist eine neue Situation, vor der wir stehen.“
Bildquelle: David Ausserhofer

Deutschunterricht, ein englischsprachiger Kurs „Berlin- und Deutschlandstudien", Studierende, die als „Buddys" Flüchtlinge an der Universität begleiten – das sind nur einige Punkte des akademischen Maßnahmenpakets, das die Freie Universität geschnürt hat und von diesem Wintersemester an für Flüchtlinge anbietet. Campus.leben sprach mit dem Präsidenten Professor Peter-André Alt über die Gründe des Engagements.

Herr Professor Alt, die Freie Universität hat ein Programm „Welcome@FUBerlin" aufgelegt. Weshalb bietet sie ein solches Programm an?

Wir fühlen uns dazu verpflichtet als Hochschule, die auch einen gesellschaftlichen Auftrag hat, und als Universität, an der Freiheit nicht nur als akademischer Wert eine wichtige Rolle spielt. Wir haben uns diesbezüglich schon in vielen Bereichen engagiert. So laden wir beispielsweise seit Jahren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Krisenländern, in denen sie verfolgt, bedroht und in ihrer Arbeit eingeschränkt werden, im Rahmen des Programms Scholars at Risk zu uns ein, damit sie mit einem einjährigen Stipendium ihre Forschung fortführen können.

Was beinhaltet das Welcome@FUBerlin-Programm?

Es soll Flüchtlingen, die mittelfristig ein Studium in Deutschland planen oder es fortsetzen wollen, bei der Orientierung helfen und sie unterstützen. Es beinhaltet mehrere Komponenten, zum Beispiel die Öffnung von Lehrveranstaltungen, Deutschkurse und spezielle Zusatzangebote. Zunächst sind wir dabei, mit den Fachbereichen auszuwählen, welche Veranstaltungen für dieses Angebot geeignet sind. Das werden im Wesentlichen Vorlesungen sein, aber auch andere Veranstaltungstypen sind denkbar.

Eine weitere Komponente des Programms ist die Erweiterung eines bereits bestehenden Angebotes, nämlich der Berlin- und Deutschlandstudien. Das Modulpaket, das sich an internationale Gaststudierende richtet, die für ein oder zwei Semester an der Freien Universität eingeschrieben sind, soll angepasst auch für Flüchtlinge angeboten werden. Ziel ist es, ihnen einen Einblick in die kulturelle, historische, soziale und politische Entwicklung Deutschlands zu vermitteln. Darüber hinaus erlernen die Teilnehmer akademische Arbeitstechniken sowie interkulturelle und sprachliche Kompetenzen.

Wir werden auch die Kapazitäten innerhalb des Studienkollegs der Freien Universität erweitern: Die einjährige schulische Vorbereitung für ausländische Bewerber auf ein Studium umfasst Ganztagsunterricht an fünf Wochentagen in den Fächern eines für das gewünschte Studium geeigneten Schwerpunktkurses und im Fach Deutsch als Fremdsprache.

Ganz elementar ist die Programmkomponente Deutschkurse, mit der wir bereits im November mit rund 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmern starten wollen. Dabei hoffen wir auch auf die Unterstützung von unseren Hochschulangehörigen, entweder bei einem Sprachtandem oder, wenn sie daran interessiert sind, Flüchtlinge in Deutsch zu unterrichten. Dafür werden wir unterschiedliche Vorbereitungskurse anbieten. Damit richten wir uns an Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und Studierende aber auch an unsere jüngeren und älteren Gasthörer. In Kürze möchten wir dieses Angebot auf externe Ehrenamtliche ausweiten, dann freuen wir uns auch auf das Interesse von pensionierten Lehrerinnen und Lehrern.

An wen richtet sich das „Welcome@FUBerlin"-Programm?

Das Programm ist für uns gewissermaßen ein Versuch zu helfen, mit den Mitteln, die uns zur Verfügung stehen. Es ist eine neue Situation, vor der wir stehen. Die Herausforderung nehmen wir gerne an, aber wir alle müssen erst einmal Erfahrungen sammeln.

Unser Angebot soll möglichst vielen Menschen offenstehen. Aber: Unsere organisatorischen Kapazitäten sind natürlich beschränkt, deshalb sagen wir auch, dass wir uns zunächst an die Flüchtlinge richten, bei denen die Perspektive auf ein Studium erkennbar ist und die ein Studium aufnehmen wollen. Diejenigen nach Berlin geflüchteten Menschen also, die beispielsweise eine Hochschulzugangsberechtigung haben oder die Eignung für ein Studium glaubhaft machen können. Unser Ziel ist es, die Aufnahme in das Welcome@FUBerlin-Programm ohne umständliche Prüfprozesse möglich zu machen.

Wie können sich Studierende und Mitarbeiter in das Programm einbringen?

Uns erreichen jetzt schon viele Anfragen aus der Universität, von Mitarbeitern und von Studierenden. Darüber freuen wir uns sehr. Es ist großartig zu sehen, wie viele Menschen sich bereits engagieren. Auf einer Website, die in Kürze online gehen wird, werden diese Aktivitäten gebündelt.

Die Sprachkurse als Möglichkeit, sich zu engagieren, habe ich schon angesprochen. Bachelor-Studierende müssen im Rahmen ihres Studiums ja ein berufsvorbereitendes Praktikum einbringen. Studentinnen und Studenten, die sich ehrenamtlich einsetzen möchten und das bei einem offiziellen Träger in der Flüchtlingshilfe tun, sollen sich diese Praxiserfahrung im Studienbereich Allgemeine Berufsvorbereitung (ABV) als Studienleistung anerkennen lassen können. Die Möglichkeit hängt aber immer auch vom Fach ab, so ist das im Lehramt derzeit nicht möglich.

Außerdem können Studentinnen und Studenten im Rahmen eines speziellen Buddy- beziehungsweise Mentoring-Programms studieninteressierte Flüchtlinge individuell unterstützen, sich im fremden Universitätsalltag zurechtzufinden. Auch hier können wir auf schon bestehende Strukturen aus unserem Mentoring-Programm für Studienanfänger zurückgreifen.

Welche Kosten entstehen der Universität, und wer trägt sie?

Natürlich ist das Programm mit finanziellem Aufwand verbunden. Die Deutschkurse kosten, ebenso wie die Erweiterung des Studienkollegs und des Angebots „Berlin- und Deutschlandstudien“. Der Senat hat uns hier Unterstützung signalisiert. Wir sind zuversichtlich, dass sie unbürokratisch gewährt wird.

Welche Auswirkungen wird das Programm auf den laufenden Universitätsbetrieb haben?

Das können wir bisher nicht einschätzen, wir kennen ja noch keine konkreten Zahlen, was die Nachfrage betrifft. Ich bin zuversichtlich, dass alle Statusgruppen unserer Universität mithelfen wollen und Verständnis für mögliche Beeinträchtigungen haben. Die Hauptlast tragen im Moment die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, in der Studienberatung und in den Anlaufstellen, die sich zusätzlich engagieren. Ich habe mich am vergangenen Mittwoch im Akademischen Senat dafür bedankt, denn das ist ein Einsatz neben den normalen Dienstaufgaben, den ich, weil er nicht selbstverständlich ist, sehr beeindruckend finde.

Gibt es Pläne für weitere Angebote?

Wir müssen die Nachfrage und die Erfahrungen mit unserem Programm erst einmal auswerten. Für das nächste Semester planen wir, dass diejenigen, die das Welcome@FUBerlin-Programm durchlaufen, auch Leistungsnachweise erwerben können, um sich diese für ihr späteres Studium anerkennen zu lassen. Bis dahin werden wir auch die letzten rechtlichen Fragen gelöst haben.

Mit welchen Gefühlen schauen Sie in die nächsten Monate?

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir diese Herausforderung bewältigen werden. Wir wollen denen, die nach Deutschland geflüchtet sind, dabei helfen, sich zu integrieren und mit ihnen Gemeinschaft leben.

Die Fragen stellten Christa Beckmann und Christine Boldt

Weitere Informationen

Die Freie Universität Berlin wird studieninteressierte Flüchtlinge in speziellen Veranstaltungen detailliert informieren. Die erste Informationsveranstaltung findet statt am

Donnerstag, 22. Oktober 2015, 10 Uhr,

Freie Universität Berlin, Henry-Ford-Bau, Hörsaal A,

Garystraße 35, 14195 Berlin.

Weitere Informationen zum Thema werden in Kürze auch auf der Website der Freien Universität Berlin bereitgestellt.

Veranstaltungsort/ Karte zur Orientierung: www.fu-berlin.de/en/redaktion/orientierung/hfb

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