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Das symbolische Kleid der Politik

Tagung am Kunsthistorischen Institut der Freien Universität zur staatlichen Kulturpolitik der Weimarer Republik

03.02.2009

Christian Welzbacher, Journalist und Autor einer Edwin-Redslob-Biographie, hatte die Tagung zum "Reichskunstwart" am Kunsthistorischen Institut der Freien Universität organisiert.

Christian Welzbacher, Journalist und Autor einer Edwin-Redslob-Biographie, hatte die Tagung zum "Reichskunstwart" am Kunsthistorischen Institut der Freien Universität organisiert.
Bildquelle: Svenja Radtke

Edwin Redslob war eine schillernde Person mit vielen Karrieren. Lange, bevor er die Freie Universität und die Berliner Zeitung "Der Tagesspiegel" mitgründete, hatte er als Reichskunstwart die zentrale kulturpolitische Stelle der Weimarer Republik bekleidet. Mit dessen Aufgaben und Rolle beschäftigten sich kürzlich die Teilnehmer der DFG-geförderten Tagung „Der Reichskunstwart. Staatliche Kulturpolitik in der Weimarer Republik 1920 bis 1933“.

Im Jahre 1920 wurde Edwin Redslob zum Generaldirektor aller württembergischen Museen ernannt. Die übergeordnete Stelle des Reichskunstwarts, zu der er zeitgleich ernannt wurde, nahm er zunächst nur zögerlich wahr. Der Reichskunstwart war ein dem Reichsministerium des Innern der Weimarer Republik unterstellter Beamter, der für alle mit künstlerischen Fragen sich berührenden gesetzgeberischen und Verwaltungsmaßnahmen betraut war und zwischen Behörden und Künstlern zu vermitteln hatte. Redslob bekleidete den Posten als Erster – und er sollte der Einzige bleiben: Im Februar 1933 wurde er von NSDAP-Innenminister Wilhelm Frick entlassen.

Die Aufgaben des Reichskunstwarts – initiiert hatte den Posten der Werkbund, eine wirtschaftskulturelle Vereinigung von Künstlern, Architekten und Unternehmern – waren zahlreich. Ein Thema, das Redslob während seiner gesamten Amtszeit beschäftigte, waren die Voraussetzungen für eine staatliche „corporate identity“ auf fast allen Feldern der freien und der angewandten Kunst. So erläuterte Christian Welzbacher, Autor einer Biographie über Edwin Redslob, die in diesen Tagen erscheinen wird, in seiner Einführung zur Tagung: „Durch kulturgestützte Symbolpolitik sollte verdeutlicht werden, dass sich das deutsche Staatssystem von einer Monarchie in eine Republik, in eine Demokratie verwandelt hatte.“

Neue Staatssymbole gesucht

Redslob veranstaltete Wettbewerbe für die Gestaltung neuer Staatssymbole: von Adler bis Nationalflagge, von Banknoten über Stempel bis Briefmarken. Aufgrund seiner intensiven Beschäftigung mit Staatssymbolik und -repräsentation, wurde er auch „Reklamechef der Republik“ genannt. Redslob vermittelte zwischen Künstlern und Ministerien und „choreografierte das dezidiert moderne ästhetische Erscheinungsbild der ersten deutschen Demokratie“. Diese war zahlreichen Krisen ausgesetzt: Aufstände, Putschversuche, Arbeitslosigkeit und Geldentwertung setzten ihr zu. Redslob Antwort darauf: Kulturpolitik als vertrauensbildende Maßnahme in den Staat. „Das war seine Taktik“, erläutert Welzbacher.

Heinrich Wefing, Redakteur im Politischen Ressort der ZEIT, schlug in seinem Abendvortrag: „Redslobs Erbe. Einige Anmerkungen zur Kulturpolitik der Berliner Republik“ die Brücke in die Gegenwart. Was verbindet, was unterscheidet die Position des damaligen Reichskunstwarts vom heutigen Bundeskulturminister? Das Amt des Beauftragten für Kultur und Medien – so der exakte Titel –, das unter der Kanzlerschaft von Gerhard Schröder eingeführt worden ist und derzeit von Staatsminister Bernd Neumann bekleidet wird, ist zwar direkt der Bundeskanzlerin untergeordnet, gebe seinem Minister aber tatsächlich nur wenig Machtbefugnis und noch weniger kreativen Spielraum, sagte Wefing.

Zu der Tagung „Der Reichskunstwart. Staatliche Kulturpolitik in der Weimarer Republik 1920 bis 1933“, die von dem Münchener Journalisten Christian Welzbacher organisiert worden war und am 23. und 24. Januar am Kunsthistorischen Institut der Freien Universität stattfand, waren Teilnehmer und Referenten aus ganz Europa angereist. Die insgesamt elf Vorträge sollen in einem Tagungsband veröffentlicht werden.